Wachstumschancengesetz: Regierungsentwurf bringt weitere zahlreiche Änderungen

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Das Wachstumschancengesetz hat es nach dem zwischenzeitlichen Streit in der Koalition (s. Artikel „Bundesfamilienministerin Lisa Paus blockiert das Wachstumschancengesetz”) nun doch zeitnah ins Gesetzgebungsverfahren geschafft. Am 30.8.2023 hat das Bundeskabinett den dafür nötigen Regierungsentwurf beschlossen.

Dabei haben sich gegenüber dem Referentenentwurf noch zahlreiche Änderungen ergeben, die wir im folgenden Überblick zusammenfassen:

Einkommensteuer

Zinsschranke, § 4h EStG: Die Änderungen an der Zinsschranke waren bereits im Referentenentwurf enthalten, sind im Regierungsentwurf aber noch mal gründlich überarbeitet worden. So wird auf die Streichung der Konzernklausel und des EK-Escapes verzichtet. Die beiden Escape-Regelungen sollen grundsätzlich beibehalten werden. Diese werden aber durch vereinzelte Änderungen u.a. des Stand-Alone-Merkmals an die Vorgaben des ATAD angepasst. Voraussetzung für die Stand-Alone-Klausel wäre demnach, dass der Steuerpflichtige keiner Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG nahesteht und über keine Betriebsstätte außerhalb des Staats des Wohnsitzes, gewöhnlichen Aufenthalts, Sitzes oder der Geschäftsleitung des Steuerpflichtigen verfügt. Weggefallen ist im Regierungsentwurf auch die Umwandlung der Freigrenze in einen Freibetrag.

Zinshöhenschranke (4l EStG-E): Der Regierungsentwurf enthält einen neuen § 4l Abs. 2 EStG-E. Dieser führt eine Regel ein für Fälle, in denen der Zinssatz den Höchstsatz nur aufgrund einer dem Vertragsschluss nachfolgenden Änderung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB überschreitet. In diesen Fällen soll die Zinshöhenschranke erst nach Ablauf eines Monats nach dem Zeitpunkt der Anpassung des Basiszinssatzes Anwendung finden. Damit greift die Abzugsbeschränkung bei einer Anpassung des Zinssatzes innerhalb des Monats insoweit nicht. Die Regelung soll erstmals für Zinsaufwendungen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2023 entstehen.

Firmenwagenbesteuerung ( § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 Nr. 3 EStG-E): Der Höchstbetrag für die Inanspruchnahme des Viertels der 1%-Bemessungsgrundlage für die private Nutzung bei rein elektrischen Firmenwagen (inkl. Brennstoffzellenfahrzeuge), die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, soll von 60.000 Euro auf 80.000 Euro Listenpreis angehoben werden.

Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung, § 7 Abs. 2 Satz 1 EStG-E: Neu in den Regierungsentwurf aufgenommen wurde, dass anstelle der linearen Abschreibung die degressive Abschreibung möglich sein soll, und zwar für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind, i.H.v. bis zu 25 %, höchstens dem 2,5fachen der linearen Abschreibung. Diese Regelung war nicht im Referentenentwurf enthaltenn.

AfA, § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG-E: Satz 2 nimmt Bezug auf § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG, welcher im Rahmen des JStG 2022 reformiert wurde (Anhebung des linearen AfA-Satzes auf 3%). Der Bezug stimmte fortan nicht mehr, was nun über das Wachstumschancengesetz korrigiert werden soll.

Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude mit 6 % befristet auf sechs Jahre (§ 7Abs. 5a EStG-E): Inanspruchnahme einer so genannten geometrisch-degressiven Abschreibung für Gebäude mit fallenden Jahresbeträgen wird befristet ermöglicht. Diese kann nach einem unveränderlichen Prozentsatz in Höhe von 6 % vom jeweiligen Buchwert (Restwert) vorgenommen werden.

Die Abschreibung hat im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zeitanteilig zu erfolgen. Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen sind nicht zulässig. Sollten diese eintreten, besteht eine Wechselmöglichkeit zur linearen Absetzung für Abnutzung nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG.

Die neue Regelung gilt nur für Gebäude, die Wohnzwecken dienen, in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR liegen und mit deren Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wird  (im Fall der Anschaffung muss der obligatorische Vertrag nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen werden). Auch in Fällen der Anschaffung sollen nur neue Gebäude von der Regelung umfasst werden. Deshalb muss der Steuerpflichtige das Gebäude zudem bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung anschaffen.

Verbesserung Verlustrücktrag, § 10d Abs. 1 EStG: Der aktuell auf zwei Jahre erweiterte Verlustrücktrag sollte laut Referentenentwurf ab 2024 um ein weiteres Jahr auf drei Jahre ausgedehnt werden. Darüber hinaus sollten die ab dem VZ 2020 auf 10 Mio. € bzw. auf 20 Mio. € (Ehegatten) angehobenen Betragsgrenzen beim Verlustrücktrag dauerhaft beibehalten werden. Diese geplanten Änderungen sind im Regierungsentwurf nun nicht mehr enthalten. Stattdessen ist nun geplant, bei der Mindestgewinnbesteuerung als Maßnahme zur Stärkung der Liquidität des Mittelstands die Prozentgrenze von derzeit 60 % temporär (von 2024 bis 2027) auf 80 % anzuheben.

Verbesserung der Thesaurierungsbegünstigung, § 34a EStG: Nach dem Referentenentwurf sollte die Thesaurierungsbegünstigung für entstehende Gewinne nach dem 31.12.2023 durch verschiedene von Maßnahmen auch für diejenigen Unternehmer interessant werden, deren Einkünfte nicht dem Spitzensteuersatz unterliegen. Der begünstigungsfähige Gewinn sollte um die gezahlte Gewerbesteuer und die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer nach § 34a Absatz 1 EStG entnommen werden, erhöht werden. Außerdem sollten steuerfreie und 4 tarifbesteuerte Gewinne, die im Unternehmen belassen wurden, vorrangig entnommen werden können. Alle diese geplanten Neuerungen sind im Regierungsentwurf nicht mehr vorhanden.

Umsatzsteuer

Elektronischen Rechnungen ab dem 01.01.2025 (§ 14 UStG-E): Die Neueregelung im Referentenentwurf bleibt unverändert, jedoch wurde bei den Übergangsregelungen eine Konstellation ergänzt. Bislang war vorgesehen, dass Unternehmer bis zum 31.12.2025 zunächst noch andere Rechnungsformen nutzen können. Diese Frist wurde erweitert: Nun können auch im Kalenderjahr 2026 ausgeführte Umsätze bis zum 31.12.2026 nach den bisherigen Regeln fakturiert werden. Diese Vereinfachung gilt jedoch nur für Unternehmer, deren Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 Euro betragen hat (§ 27 Abs. 39 Nr. 2 UStG-E). Außerdem wird eine Ermächtigungsgrundlage für das BMF geschaffen, Bestimmungen zur Ausgestaltung des strukturierten elektronischen Formats einer elektronischen Rechnung zu erlassen (§ 12 Abs. 6 UStG-E).

Umwandlungssteuergesetz

Anpassung der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre (§ 15 Abs. 2 Satz 2 ff. UmwStG-E): $ 15 Abs. 2 Satz 2 ff. wurde bereits im Referentenentwurf neu geregelt. Neu im Regierungsentwurf ist folgender Abschnitt: „Verbundene Unternehmen im Sinne des § 271 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs gelten nicht als außenstehende Personen im Sinne dieses Absatzes; als Veräußerung eines Anteils an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft im Sinne des Satzes 4 gilt auch die mittelbare Veräußerung dieses Anteils durch ein verbundenes Unternehmen.“ Damit soll die Abspaltung auf eine Schwestergesellschaft wieder möglich sein. Ausdrücklich geregelt wird auch, dass die mittelbare Veräußerung einer an der Spaltung beteiligten Gesellschaft an außenstehende Personen schädlich für die steuerneutrale Spaltung ist. Laut Gesetzesbegründung soll dies im Einklang mit der bisherigen Rechtslage stehen. Erfasst von der Neuregelung sollen alle Spaltungen sein, die am 14.07.2023 (Datum des Referentenentwurfs) noch nicht zum Handelsregister angemeldet waren.

Abgabenordnung

Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen, §§ 138l bis 138n AO: Mit den neuen Vorschriften soll eine Pflicht zur Mitteilung bestimmter innerstaatlicher Steuergestaltungen eingeführt werden, die sich ‐ soweit möglich ‐ eng an den gesetzlichen Bestimmungen zur Mitteilungspflicht über grenzüberschreitende Steuergestaltungen nach §§ 138d bis 138h AO orientiert. Der Regierungsentwurf enthält nun eine geänderte Anwendungsregel. Das BMF soll ermächtigt werden, den erstmaligen Anwendungszeitpunkt der neuen Mitteilungspflichten durch ein BMF-Schreiben zu bestimmen (Art. 97 § 33 Abs. 7 EGAO-E). Vorgesehen ist eine Zeitspanne von mindestens einem Jahr zwischen dem Tag der Bekanntmachung der Anwendungsbestimmung im Bundesgesetzblatt Teil I und dem erstmaligen Anwendungszeitpunkt. Dadurch soll allen Beteiligten hinreichend Zeit gegeben werden, die zur Anwendung der Regelungen erforderliche IT-Infrastruktur einzurichten.

Vereinfachung des Meldeverfahrens für Kassen (§ 146a Abs. 4 AO-E): Im Regierungsentwurf ist dieser Punkt weggefallen.

Forschungsförderung

Forschungszulage: Bereits im Referentenentwurf wurde die steuerliche Forschungsförderung gestärkt. Unter anderem soll für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, die Forschungszulage auf im begünstigten Forschungs‐ und Entwicklungsvorhaben genutzte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die für die Durchführung des Forschungs‐ und Entwicklungsvorhabens erforderlich und unerlässlich sind, ausgeweitet werden (§ 3 Abs. 3a FZulG). Im Regierungsentwurf wurde die Förderung weiter ausgeweitet. So soll der förderfähige Wert der geleisteten Arbeitsstunde für die Eigenleistungen auf 70 Euro je Arbeitsstunde angehoben werden. Dies gilt auch für die Begrenzung der förderfähigen Aufwendungen im Rahmen der Tätigkeitsvereinbarung bei Mitunternehmern. Neu ist auch eine Regelung, nach der KMUs zusätzlich eine Erhöhung der Forschungszulage um 10 Prozentpunkte auf 35 % beantragen können.

Erbschaftsteuergesetz

Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht bei einem Erwerb von Inlandsvermögen durch Vermächtnis (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 ErbStG-E): Als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 23.11.2022 (II R37/19), wonach die Voraussetzungen der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht bei einem Erwerb von Inlandsvermögen durch Vermächtnis nicht erfüllt sind, wird nun gesetzlich festgeschrieben, dass der Erwerb von Inlandsvermögen durch Vermächtnis der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt.

Grunderwerbsteuergesetz

MoPeG und Grunderwerbsteuer (§ 23 Abs. 25 GrEStG-E): Laut Regierungsentwurd sind die Gespräche mit den Ländern über die künftige Ausgestaltung der Steuervergünstigungen und der Ergänzungstatbestände noch nicht abgeschlossen. Die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG, des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG sowie des § 7 Abs. 2 GrEStG, die auf die Gesamthand gerichtet sind, haben mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) ab dem 01.01.2024 keinen Anwendungsbereich mehr und laufen ins Leere. Um der Wirtschaft zumindest Rechtssicherheit hinsichtlich der Auswirkungen des MoPeG zum 31.12.2023 auf die laufenden Behaltensfristen des § 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 3 Satz 2 und § 7 Abs. 3 Satz 1 GrEStG zu geben, soll § 23 Abs. 25 GrEStG-E eingefügt werden. Die Regelung stellt klar, dass allein der weitgehende Wegfall des Gesamthandsvermögens nicht zu einer Verletzung laufender Behaltensfristen führt. Die Behaltensfristen laufen weiter; sie werden verletzt, wenn sich der Anteil am Gesellschaftsvermögen innerhalb der Behaltensfrist vermindert.

Klimaschutz

Steuerliche Investitionsprämie für begünstigte Klimaschutzinvestitionen im Sinne von Energieeffizienzinvestitionen: Der Förderzeitraum wurde gegenüber dem Referentenentwurf um zwei Jahre verlängert („vor dem 01.01.2030“ statt „vor dem 01.01.2028“). Die Mindesthöhe einer förderfähigen Investition wurde auf 5.000 Euro abgesenkt (RefE: 10.000 Euro). Die beantragte Bemessungsgrundlage muss mindestens 10.000 Euro betragen (RefE: 50.000 Euro). Pro Antragsteller können zwischen dem 31.12.2024 und dem 01.01.2032 maximal vier Anträge gestellt werden (RefE: maximal zwei Anträge).

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