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Steuerumgehung: BMF will mehr Kontrolle und Transparenz

Mit dem „Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz“ (StUmgBG) hat das BMF seine Pläne vorgelegt, um schärfer gegen ausländische Briefkastenfirmen und Steueroasen vorzugehen. Das Gesetzespaket sieht weitreichende Maßnahmen vor, wie etwa die Aufhebung des Bankgeheimnisses und die Ausweitung des Kontenabrufs. Vorgesehen sind zudem strenge Meldepflichten sowie empfindliche Bußgelder und Strafen.

Das BMF veröffentlichte am 01.11.2016 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (kurz: Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG). Mit diesem Gesetzentwurf will das BMF gegen Briefkastenfirmen im Ausland vorgehen und dazu u.a. das Bankgeheimnis aufheben sowie die Definition von Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten erweitern. Zudem werden einige Änderungen vorgenommen, die aufgrund aktueller Urteile insbesondere des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erforderlich waren.

Im Wesentlichen soll Transparenz geschaffen werden bezüglich der sogenannten „beherrschenden“ Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten, die nicht Mitglieder der Europäischen Union (EU) oder der Europäischen Freihandelszone sind (sog. Drittstaat-Gesellschaften). Im Einzelnen enthält der Referentenentwurf folgende zentrale Gesetzesänderungen. Normenangaben beziehen sich dabei – soweit nicht anders angegeben – auf die neuen, geänderten oder ergänzten Gesetzestexte.

Transparenz der Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Gesellschaften

Der Entwurf sieht vor, die bereits bestehende Anzeigepflicht für den Erwerb von qualifizierten Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften nach § 138 Abs. 2 Nr. 3 AO für unmittelbare und mittelbare Beteiligungen zu vereinheitlichen. Unterstützend dazu soll die Frist für die Erstattung dieser Mitteilung bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Einkommen- oder Körperschaftsteuererklärung verlängert werden. Nach der Vorstellung des Gesetzentwurfs werden dadurch mitteilungspflichtige Steuerpflichtige ebenso entlastet wie die Finanzverwaltung.

Ferner vorgesehen ist, dass Steuerpflichtige nach § 138 Abs. 3 AO zusätzlich auch anzeigen müssen, wenn sie Geschäftsbeziehungen unterhalten zu Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen in Drittstaaten (legal definiert als „Drittstaat-Gesellschaft“), die von ihnen unmittelbar oder mittelbar beherrscht werden. Dies soll unabhängig davon gelten, ob die Steuerpflichtigen an den betreffenden ausländischen Unternehmen formal beteiligt sind oder nicht.

Bei Verletzung dieser Mitteilungspflichten soll die steuerliche Festsetzungsfrist und damit der Eintritt der Festsetzungsverjährung teilweise gehemmt werden. Gleichzeitig stellen derartige Pflichtverletzungen gemäß dem Entwurf eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 € verbunden ist.

Sofern verdeckte Geschäftsbeziehungen zu Drittstaat-Gesellschaften, die durch inländische Steuerpflichtige beherrscht werden, zu einer Steuerhinterziehung führen, soll dies künftig eine besonders schwere Steuerhinterziehung darstellen. Dies zieht eine Verjährungsfrist von zehn Jahren für die Strafverfolgung nach sich.

Unterstützend dazu soll die Zahlungsverjährungsfrist in solchen Fällen der Steuerhinterziehung ebenfalls auf zehn Jahre verlängert werden (§ 228 Satz 2 AO).

Besondere Regelungen für Finanzinstitute

Dem Entwurf zufolge gelten für Finanzinstitute einige Besonderheiten. So sollen diese nach § 138b AO künftig unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet sein, die Finanzbehörden über Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften zu informieren, wenn diese Beziehungen von ihnen hergestellt oder vermittelt wurden.

Vorgesehen ist, dass ein Finanzinstitut – wenn es diese Mitwirkungspflicht verletzt – für eventuelle Steuerausfälle haftet, die auf die Verletzung der Mitwirkungspflicht zurückzuführen sind. Neben der Haftung soll die Pflichtverletzung eine Ordnungswidrigkeit darstellen, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € geahndet werden kann. Parallel zur Einführung dieser Mitwirkungspflicht soll das sogenannte steuerliche Bankgeheimnis aufgehoben werden (bisher § 30a AO).

Außerdem erweitert der Entwurf das automatisierte Kontenabrufverfahren (§ 93 Abs. 7 AO). So soll zukünftig auch ermittelt werden können, ob ein inländischer Steuerpflichtiger Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs der AO ist. Ergänzend sollen die Ermittlungsmöglichkeiten derart ausgeweitet werden, dass die für Kreditinstitute geltende Aufbewahrungsfrist für Daten nach Auflösung eines Kontos von drei auf zehn Jahre verlängert wird (§ 24c Abs. 1 Satz 3 KWG).

Erweiterung der Legitimationsprüfung auf steuerliche Informationen

Künftig sollen Kreditinstitute bei einer Legitimationsprüfung im Rahmen einer Kontoeröffnung auch das steuerliche Identifikationsmerkmal des Kontoinhabers, jedes anderen Verfügungsberechtigten und jedes weiteren wirtschaftlich Berechtigten vermerken (§ 93b Abs. 1a AO). Diese Informationen sollen anschließend im Kontenabrufverfahren ausschließlich den Finanzbehörden mitgeteilt werden.

Erweiterung der Aufbewahrungspflichten

Zudem soll eine neue Aufbewahrungspflicht für Steuerpflichtige statuiert werden, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i.S.d. unveränderten § 1 Abs. 2 AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf gesellschaftsrechtliche, finanzielle oder geschäftliche Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben können. Bei solchen Steuerpflichtigen soll dadurch zukünftig ohne besondere Begründung eine Außenprüfung durchgeführt werden können.

Abzugsmöglichkeit für Versorgungsleistungen beschränkt Steuerpflichtiger

Aufgrund § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG soll es beschränkt Steuerpflichtigen in Zukunft möglich sein, Versorgungsleistungen unter den Voraussetzungen, die für unbeschränkt Steuerpflichtige gelten, in Abzug zu bringen. Diese Änderung setzt ein EuGH-Urteil um.

Änderungen im ErbStG

Bei beschränkter Steuerpflicht soll der Erwerber grundsätzlich den Freibetrag erhalten, der ihm bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 16 Abs. 1 ErbStG zustehen würde. Der beschränkten Steuerpflicht unterliegt jedoch nur der Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen besteht. Weil die unbeschränkte Steuerpflicht den gesamten Vermögensanfall unabhängig davon erfasst, worin das Vermögen besteht und ob es in Deutschland oder einem anderen Staat belegen ist (sog. Weltvermögen), ist die beschränkte Steuerpflicht gegenständlich begrenzt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Sie erfasst nur solche Vermögensgegenstände, die einen qualifizierten Bezug zum Inland aufweisen und daher zum Inlandsvermögen gehören. Hierbei sollen künftig mehrere Erwerbe innerhalb von zehn Jahren berücksichtigt werden.

Zudem sollen zukünftig auch beschränkt Steuerpflichtige den besonderen Freibetrag nach § 17 ErbStG in Anspruch nehmen können.

Diese Änderungen dienen dazu, Vorgaben des EU-Rechts umzusetzen. Zur Abrundung soll der bisherige § 2 Abs. 3 ErbStG aufgehoben werden, da dieser vom EuGH als EU-rechtswidrig eingeordnet worden ist.

Zeitliche Anwendung

Die Änderungen zu den Transparenzvorschriften sollen ab 2018 gelten, die übrigen Regelungen ab dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes.

Praxishinweis

Dank der Änderungen sollen ähnliche Skandale wie der mit den Panama-Papers vermieden werden. Allerdings könnten die getroffenen Maßnahmen über das Ziel hinausschießen. Ob die Aufhebung des Bankgeheimnisses und die Ausweitung der Kontenabrufmöglichkeiten verhältnismäßig für die erstrebte Zielerreichung sind, werden wohl Gerichte klären müssen. Die übrigen geplanten Gesetzesänderungen setzen nur Entscheidungen des EuGH um und waren längst überfällig. Es bleibt aber zunächst abzuwarten, inwiefern dieser Referentenentwurf auch tatsächlich in einem Gesetz umgesetzt wird.

Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) v. 01.11.2016

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht