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Verfahrensrecht -

Bekämpfung der Steuerumgehung: Neue Regelungen zur Kontenwahrheit

Nach der sog. Kontenwahrheit besteht die Pflicht, eigene Konten oder Konten Dritter unter wahrer Identität zu errichten. Das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) sieht hierfür eine gesetzliche Neufassung des § 154 AO vor. Das BMF hat nun insoweit den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) geändert. Betroffen sind u.a. Vorgaben zur Datenerhebung durch Banken und im Geschäftsverkehr.

Durch ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) ist der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) um Erläuterungen des durch das StUmgBG geänderten § 154 AO angepasst worden. Dabei werden insbesondere die Regelungen zum Kontoinhaber bzw. zum Verfügungsberechtigten näher erläutert.

Inhaber des Kontos und Verfügungsberechtigte über das Konto

Der Kontoinhaber muss seine wahre Identität verwenden. Es ist allerdings zulässig, Konten auf den Namen Dritter zu errichten, wenn deren Existenz nachgewiesen wird.

Konto in diesem Sinne ist jede Rechnung, die für einen Dritten im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung geführt wird und in der Zu- sowie Abgänge der Vermögensgegenstände erfasst werden. Hierzu zählen auch Kredit- und Darlehenskonten sowie Konten über ausländische Währung oder über elektronisches Geld. Konten, die nicht „für einen anderen“ geführt werden, sind keine Konten im Sinne des § 154 Abs. 2 AO (z. B. ein Warenforderungskonto oder ein Kontokorrentkonto im Sinne des § 355 HGB bei einem Geschäftspartner).

Verfügungsberechtigte im Zusammenhang mit der Kontenwahrheit sind

  • der Gläubiger der Forderung (Kontoinhaber) und seine gesetzlichen Vertreter sowie
  • jede andere Person, die zur Verfügung über das Konto bevollmächtigt ist (Kontovollmacht).

Dies gilt entsprechend für die Verwahrung von Wertsachen sowie für die Überlassung von Schließfächern. Personen, die aufgrund Gesetzes oder Rechtsgeschäfts zur Verfügung berechtigt sind, ohne dass diese Berechtigung dem Kreditinstitut mitgeteilt worden ist, gelten insoweit nicht als Verfügungsberechtigte.

Wirtschaftlich Berechtigter ist derjenige, der auch nach § 3 GwG wirtschaftlich Berechtigter ist. Dieser ist wiederum die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht oder auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird. Zu den wirtschaftlich Berechtigten zählen insbesondere die in § 3 Abs. 2 bis 4 GwG aufgeführten natürlichen Personen, auch die fingierten wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 4 GwG.

Verpflichteter über ein Konto ist jeder, der für einen anderen

  • Konten führt,
  • Wertsachen verwahrt,
  • Wertsachen als Pfand nimmt oder
  • ein Schließfach überlässt.

Identifizierungs- und Aktualisierungspflicht

Der AEAO stellt Vorgaben auf, um die in § 154 AO geregelte Identifizierungs- und Aktualisierungspflicht näher zu bestimmen. Dabei muss unabhängig davon, ob eine Geschäftsbeziehung bei einem Kreditinstitut oder im gewöhnlichen Geschäftsverkehr oder zwischen Privatpersonen aufgenommen werden soll, vor Beginn der Geschäftsbeziehung Gewissheit über die Person und Anschrift jedes Verfügungsberechtigten und jedes wirtschaftlich Berechtigten bestehen.

Dabei sind bei natürlichen Personen bestimmte Angaben zu erheben, die in § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG näher genannt sind, wie z.B. die persönlichen Daten. Bei juristischen Personen reicht hingegen die Bezugnahme auf eine amtliche Veröffentlichung oder ein amtliches Register unter Angabe der Register-Nr. aus. Diese Verpflichtungen gelten auch für wirtschaftlich Berechtigte und Dritte, für die die Geschäftsbeziehung eingegangen werden soll.

Diese Daten sind entsprechend aufzuzeichnen, und zwar möglichst auf den jeweiligen Konten direkt. Denn die Führung von vertraulichen Listen über Name und Anschrift des Verfügungsberechtigten lediglich in einer vertraulichen Liste und die Kennzeichnung des eigentlichen Kontos nur mit einer Nummer ist unzulässig. Die Führung sogenannter Nummernkonten ist verboten. Bei Auflösung des ersten Kontos müssen die Identifikationsmerkmale auf das zweite bzw. weitere Konto bzw. auf die betreffenden Kontounterlagen übertragen werden.

Jeder Verpflichtete muss ein Verzeichnis der Verfügungsberechtigten und der wirtschaftlich Berechtigten führen, um jederzeit über die Konten und Schließfächer eines Verfügungsberechtigten oder eines wirtschaftlich Berechtigten Auskunft geben zu können. Dies gilt bis zum Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung der Geschäftsbeziehung.

Erhebung und Aufzeichnung steuerlicher Ordnungsmerkmale

Die Verpflichtung zur Erhebung und Aufzeichnung der steuerlichen Ordnungsmerkmale des Kontoinhabers, jedes anderen Verfügungsberechtigten und jedes wirtschaftlich Berechtigten gilt nur für Kreditinstitute, nicht für andere Verpflichtete im Sinne des § 154 Abs. 2 Satz 1 AO. Das BMF-Schreiben definiert die Pflichten der Kreditinstitute im Zusammenhang mit der Erhebung und Aufzeichnung dieser Daten näher. Dabei bestehen bestimmte Erleichterungen hinsichtlich der Erfassung und Aufzeichnung der Daten von Verfügungsberechtigten sowie von wirtschaftlich Berechtigten.

Folgen bei Verstößen gegen die Pflichten des § 154 AO

Die Verletzung der eben dargestellten Verpflichtungen nach § 154 Abs. 2 bis 2d AO führt allein noch nicht zu einer Haftung des Verpflichteten, während bei einem Verstoß gegen § 154 Abs. 3 AO eine Haftung nach Maßgabe des § 72 AO bestehen kann. Es kann im Einzelfall auch eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO vorliegen.

Zeitlicher Anwendungsbereich

Diese Bestimmungen gelten für alle Geschäftsbeziehungen, die nach dem 31.12.2017 eingegangen werden. Für früher begründete Geschäftsbeziehungen, die nach wie vor bestehen, gilt eine Nacherhebungspflicht bis 31.12.2019. Ferner sind die Geschäftsbeziehungen kontinuierlich zu überwachen und die Daten über Person und Anschrift in angemessenem zeitlichen Abstand zu aktualisieren.

Praxishinweis

Das BMF hat den Anwendungserlass an die gesetzliche Neufassung des § 154 AO zeitnah angepasst. Dabei gelten die Neuregelungen für nach dem 31.12.2017 neubegründete Geschäftsbeziehungen. Für zu diesem Zeitpunkt bestehende Geschäftsbeziehungen ist eine großzügige Übergangsfrist bis Ende 2019 vorgesehen. Damit hat das BMF eine ausgewogene Lösung für die Umsetzung gefunden.

Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), BMF-Schreiben v. 11.12.2017 - IV A 3 - S 0325/17/10001

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht