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Bekämpfung von Steuerhinterziehung: Gesetzentwurf beschlossen

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen beschlossen. Die Regelungen gehen auf die sog. „Mehrseitige Vereinbarung“ zurück und sehen neben dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) u.a. Änderungen des EU-Amtshilfegesetzes vor. Insbesondere die künftigen Meldepflichten könnten weitreichende Folgen haben.

Bereits am 29.10.2014 haben mehr als 50 beteiligte Staaten („die zuständigen Behörden“) eine mehrseitige Vereinbarung über automatischen Informationsaustausch geschlossen. Inzwischen wurde diese mehrseitige Vereinbarung von mehr als 60 Staaten unterzeichnet. Diese Unterrichtung soll international über „Finanzkonten in Steuersachen“ im gesamten EU-Bereich und in bestimmten Drittstaaten – darunter auch die Schweiz, Liechtenstein, Kanada sowie Staaten in der Karibik – erfolgen.

Um einen derart umfassenden Datenabgleich mit den deutschen Banken und Sparkassen automatisch durchführen zu können, sind zwei besondere Stammgesetze (Mantelgesetze) erforderlich: einerseits das „Gesetzes zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten“, andererseits das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG).

Das Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG)

Die Finanzinstitute (Banken, Sparkassen, Bausparkassen, Versicherungsunternehmen usw.) der Vertragsstaaten verpflichten sich, gegenüber Deutschland – also hauptsächlich zugunsten der deutschen Finanzbehörden –Finanzkonteninformationen von in Deutschland steuerpflichtigen Personen zu übermitteln. Ab 2017 werden die ausländischen Kapitalerträge den deutschen Finanzämtern automatisch übermittelt. Um diese Transparenz herstellen zu können, muss natürlich auch der deutsche Datenschutz für alle beteiligten Länder verbindlich hergestellt werden.

Umgekehrt werden auch die deutschen Finanzinstitute zur Datenmeldung an das BZSt (Bundeszentralamt für Steuern) als Sammelstelle für Deutschland verpflichtet. Die Finanzdaten aus den beteiligten ausländischen Staaten gehen ebenfalls beim BZSt ein. Diese Behörde leitet sie dann zur Auswertung an die jeweiligen deutschen Landesfinanzbehörden weiter. Als Handwerkszeug für diesen umfassenden globalen Finanzdatenaustausch dienen in Deutschland das EU-Amtshilfegesetz und die EU-Amtshilferichtlinien. Diese werden durch das FKAustG angepasst und zielführend eingesetzt.

Maßnahmen in Einzelnen

Erfüllungsmaßnahmen auf Seiten der Privatpersonen und der Wirtschaft sind:

  • die umfassende Selbstauskunft bei der Eröffnung von Neukonten
  • die sinngemäße Erweiterung und Anwendung der Melde- und Informationspflichten aus der „FATCA-USA-Umsetzungsverordnung“ (Foreign Account Tax Compliance) i.V.m. § 117c AO auch auf steuerrelevante Gegebenheiten der Vertragsstaaten als Informationsgeber und -empfänger

Folgendes wird das BZSt den ausländischen Vertragsstaaten mitteilen (dazu §§ 8–26 FKAustG-Entwurf):

  • persönliche Daten der Konteninhaber/meldepflichtigen Personen wie Name, Anschrift, Steueridentifikationsnummer, Geburtsdaten (-ort),
  • Kontonummer,
  • Jahressalden der Finanzkonten,
  • gutgeschriebene Kapitalerträge, einschließlich Einlösungsbeträge und Veräußerungserlöse.

Die ausländischen Vertragspartner teilen dem deutschen BZSt zur Weiterleitung an die deutschen Länderfinanzbehörden die den vorgenannten Daten entsprechenden Angaben mit. Damit der deutsche Fiskus rechtzeitig die zur Meldung an die ausländischen Finanzbehörden bestimmen Daten erhält, werden die deutschen Finanzinstitute verpflichtet, entsprechend Mitteilungen bis spätestens 30.07. eines Folgejahres (erstmals ab September 2017) an das BZSt zu machen.

Besonders weitreichende Meldepflichten

  • Bei Konten mit einem Bestand von mehr als 1 Mio. US-Dollar zum 31.12.2015 bzw. Folgejahr) besteht gem. § 12 FKAustG für das Kreditinstitut sogar die Pflicht, die zum jeweiligen Konto vorhandenen Papierunterlagen einschließlich der Kundenstammakten der letzten fünf Jahre (also rückwirkend 2012) nach besonderen Indizien wie beispielsweise Postlageraufträgen oder c/o-Anschriften zu durchforsten. Diese „Über-Meldepflichten“ gehen sogar soweit, dass die Kreditinstitute verpflichtet werden, eine ständige Überwachung aller Kontoenddaten zu generieren, mit deren Hilfe ständig nach Gegebenheiten gesucht wird, die auf diese gesetzlich definierten Indizien Rückschlüsse zulassen.
  • Für bestehende Konten von Rechtsträgern (§§ 12–16 FKAustG-Entwurf), die keine natürlichen Personen sind, ist zu prüfen, ob irgendwelche „Beteiligten“ (z.B. Konteninhaber, beherrschende Personen) meldepflichtige Personen sind, weil sie in einem meldepflichtigen Staat ansässig sind. Zu diesem Zweck müssen alle vorhandenen Anschriften von der Gründung an durchforstet werden. Nur durch Einreichen einer Selbstauskunft des Kontoinhabers kann derartige kriminalistische Spürarbeit der Kreditinstitute verhindert werden. Bei Vorliegen einer solchen Selbstauskunft ist beispielsweise die Bank von weiteren Prüftätigkeiten befreit.

Ordnungswidrigkeiten (wie z.B. unvollständige oder verspätet abgegebene Informationen) können mit Geldbußen bis zu 5.000 € geahndet werden.

Gesetz zur Mehrseitigen Vereinbarung

Durch dieses Gesetz soll die „Mehrseitige Vereinbarung“ die erforderliche Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften in den einzelnen Vertragsländern zur Abgabe der nach § 7 Abs. 2.1 des Übereinkommens der OECD zu übermittelnden Notifikationen beschafft werden und dadurch soll auch in den ausländischen Vertragsstaaten der Vereinbarung zu allgemeiner Gesetzeskraft verholfen werden.

Praxishinweis

Es bleibt zu befürchten, dass das BZSt die Daten, die zur Weiterleitung an die ausländischen Finanzbehörden bestimmt sind, auch daraufhin untersuchen wird, ob die offenbarten Einzelheiten ggf. auch inländische Steuerstraftatbestände verwirklichen oder zumindest mittelbar „steuerrelevant“ sind. Fraglich ist zudem, ob der Integritätsschutz der Bewohner der Bundesrepublik durch die einfache Datenweiterleitung an ausländische Behörden, die sich der strengen Kontrolle des deutschen Datenschutzes entziehen, noch gewährleistet ist. Falls das BVerfG nicht eingreift, würde am 01.01.2016 bereits der Berichtszeitraum beginnen.

Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze, Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 15.07.2015

Entwurf eines Gesetzes zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29. Oktober 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten, Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 15.07.2015

Quelle: RA und Dipl.-Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann