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Zweites Bürokratieentlastungsgesetz: Was ändert sich?

Die Bundesregierung hat einen weiteren Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau zugunsten von Wirtschaft und Unternehmen veröffentlicht: Das „Zweite Bürokratieentlastungsgesetz“ (BEG II). Rechtliche Änderungen sind insbesondere bei den Aufbewahrungsfristen für Lieferscheine, der Lohnsteuer-Anmeldung, Kleinbetragsrechnungen und den Fälligkeitsregelungen für die Sozialversicherungsbeiträge vorgesehen.

Das Bundeskabinett hat Anfang August einen Gesetzentwurf zum Zweiten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG II) vorgelegt. Insbesondere Unternehmer sollen von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Interessant ist dabei, was das Bundeskabinett als unnötig einstuft. Der Gesetzentwurf enthält folgenden wesentlichen Inhalt:

Änderungen in der Abgabenordnung

Die Aufbewahrungsfristen für Lieferscheine werden verkürzt: Für erhaltene Lieferscheine soll die Aufbewahrungsfrist künftig enden, wenn der Belieferte die entsprechende Rechnung erhält. Gleichzeitig soll für versandte Lieferscheine die Aufbewahrungspflicht mit dem Versand der entsprechenden Rechnung beendet sein. Diese Vereinfachungsregelungen gelten dann nicht, wenn die Lieferscheine im Einzelfall als Buchungsbelege einzustufen sind, also zum Beispiel gleichzeitig als Rechnung dienen.

Änderungen im Einkommensteuergesetz

Derzeit müssen Lohnsteuer-Anmeldungen vierteljährlich abgegeben werden, wenn die abzuführende Lohnsteuer zwischen 1.080 € und 4.000 € ausmacht. Ab 2017 soll der Höchstbetrag auf 5.000 € angehoben werden. Diese Änderung soll sowohl Arbeitgeber als auch die Finanzverwaltung entlasten.

Änderungen in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung

Für sogenannte Kleinbetragsrechnungen gelten Erleichterungen hinsichtlich der aufgrund des § 14 UStG notwendigen Angaben in der Rechnung. Es müssen nicht alle grundsätzlich erforderlichen Angaben gemacht werden. Kleinbetragsrechnungen liegen bisher bei einem Rechnungsbetrag bis 150 € vor. Dieser Höchstbetrag soll auf 200 € angehoben werden. Diese Änderung führt für viele Barumsätze – vor allem im Handel mit Waren des täglichen Bedarfs – zu einer Erleichterung.

Änderungen der Handwerksordnung

Geplant ist zudem eine verbesserte Digitalisierung im Handwerk. Die Handwerkskammern besitzen derzeit keine eindeutige Rechtsgrundlage für eine elektronische Kommunikation mit ihren Mitgliedern, so dass Rundschreiben, Veröffentlichungen etc. regelmäßig noch in Papierform versandt werden. Geplant ist nun, dass in der Handwerksrolle auch Webseiten und E-Mail-Kontaktdaten gespeichert werden können. Gleichzeitig wird gesetzlich geregelt, dass die Daten zur Privatanschrift des Betriebsinhabers bzw. Betriebsleiters sowie deren elektronische Kontaktdaten im Rahmen einer Einzelauskunft nicht übermittelt werden dürfen.

Weiterhin soll klargestellt werden, dass vor einer Eintragung in die Handwerksrolle Nachweise der in der Handwerksordnung genannten Auskunftsgegenstände sowie alle dafür relevanten Dokumente vorgelegt werden müssen.

Geplant ist ferner, eine Frist von sechs Monaten für eine Eignungsprüfung einzufügen. Dies dient der Umsetzung einer Regelung in der novellierten EU/EWR-Handwerk-Verordnung vom 18.03.2016.

Künftig sollen Bekanntmachungen von Handwerkskammern auch in den digitalen Medien und nicht wie bisher lediglich in den üblichen Printmedien oder durch Aushänge veröffentlicht werden können.

Schließlich soll die Anlage D zur Handwerksordnung umfangreich erweitert werden. Dies dient dazu, zukünftig auch Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Migrationshintergrund eine Tätigkeit zu ermöglichen. Gleichzeitig wird auch die Liste der mitzuteilenden Daten erweitert: Neben den elektronischen Kommunikationsdaten (Telefon, Fax, E-Mail) werden private Wohnanschriften, Geschlecht und Internetseiten des Handwerkbetriebs veröffentlicht.

Änderungen im Sozialgesetzbuch

Beabsichtigt ist zudem, die Fälligkeitsregelung für Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu ändern. Falls der tatsächliche Wert für den laufenden Monat für die Beiträge noch nicht bekannt ist, können die Beiträge mit dem Wert für den jeweiligen Vormonat berechnet werden, so dass die bisherige Schätzung der Werte nicht mehr erforderlich ist. Zum Ausgleich sind eventuelle Abweichungen zur tatsächlichen Beitragsschuld in der Entgeltabrechnung des Folgemonats zu berücksichtigen.

Im Bereich der sozialen Pflegeversicherung sollen in der Zukunft alle Daten, die für die Abrechnung pflegerischer Leistungen relevant sind, elektronisch übertragen werden. Dazu soll neben einer qualifizierten elektronischen Signatur auch ein zusätzliches Übermittlungsverfahren entwickelt werden, das gegebenenfalls mittels des elektronischen Identitätsnachweises im Personalausweis authentifiziert wird.
Inkrafttreten

Das Gesetzgebungsverfahren soll nach der parlamentarischen Sommerpause beginnen, so dass das Gesetz voraussichtlich im Spätherbst verabschiedet werden könnte. Die Neuerungen sollen grundsätzlich zum 01.01.2017 in Kraft treten. Lediglich das Übermittlungsverfahren im Bereich der Pflegeversicherung soll erst zum 01.01.2018 beginnen.

Praxishinweis

Die geplanten Änderungen sind bisher in einem Referentenentwurf enthalten, dem das Kabinett zugestimmt hat. Wie gerade die Reform der Erbschaftsteuer zeigt, bleibt abzuwarten, was letztlich von dem ursprünglichen Gesetzentwurf übrig bleiben wird. Zurzeit kann nur festgestellt werden, dass die Änderungen sicherlich in die richtige Richtung gehen, aber von Bürokratieabbau im großen Umfang dabei nicht gesprochen werden kann – nicht zuletzt, da die Erhöhung der Grenze für die Kleinunternehmerregelung einer früheren Entwurfsfassung im aktuellen Entwurf nicht mehr zu finden ist.

Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eines Zweiten Gesetzes zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz) vom 29.07.2016

Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz