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Grunderwerbsteuer -

Beteiligungsgrenze und Rückabwicklung bei der Grunderwerbsteuer 

Der BFH hat näher bestimmt, inwieweit bei der Vereinigung von Anteilen einer grundbesitzenden Gesellschaft und bei erneuter Überschreitung der Beteiligungsgrenze Grunderwerbsteuer anfällt. Zudem gilt nach dem BFH: Für eine mögliche Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist es nicht von Bedeutung, ob auch der rückgängig gemachte Rechtsvorgang der Grunderwerbsteuer unterlag. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 07.05.2025 (II R 26/23) entschieden, dass bei einer Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft aufgrund eines nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Rechtsgeschäfts Grunderwerbsteuer entsteht. 

Dies gilt auch, sofern bereits zuvor 95 % der Anteile an der Gesellschaft in der Hand desselben Erwerbers vereinigt wurden und anschließend die Beteiligungsquote unter die maßgebliche Schwelle gesunken war. Eine Aufhebung der Festsetzung aufgrund des Rückerwerbs innerhalb von zwei Jahren ist jedoch möglich.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin war zu 94,9 % an der grundbesitzenden R-AG beteiligt; die restlichen 5,1 % hielt die M-GmbH. Mit Vertrag vom 20.12.2011 erwarb die Klägerin die weiteren 5,1 % von der M-GmbH. Das Finanzamt (FA) setzte nach der entsprechenden Anzeige Grunderwerbsteuer fest.

Mit Vertrag vom 10.10.2012 machten die Klägerin und die M-GmbH den Erwerbsvorgang vom 20.12.2011 rückgängig, indem sie die 5,1 % der Anteile an die M-GmbH zurückübertrugen. Zugleich behielten sich die Parteien ein Rücktrittsrecht binnen zwei Jahren vor. 

Nach der Rückgängigmachung des Vorgangs setzte das FA mit Bescheid vom 27.05.2016 erneut Grunderwerbsteuer fest, da die Klägerin nochmals mindestens 95 % der Anteile vereinigte.

Die Klägerin begehrte eine Steueraufhebung. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieben jedoch erfolglos. Der BFH sah die Revision der Klägerin als begründet an.

Grunderwerbsteuer bei Anteilsübertragungen

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet, der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % (nach neuer Rechtslage 90 %) der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden. 

Mit dem Anteilserwerb wird derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen.

Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang erfolgt. 

Dies betrifft auch Steuerfestsetzungen, die aufgrund der Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfolgt sind.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Zwar teilt der BFH die Ansicht des FG, dass aufgrund der erneuten Überschreitung der Anteilsgrenze von 95 % im Streitfall nochmals eine Grunderwerbsteuerfestsetzung nach § 1 Abs. 3 Nr.1 GrEStG ausgelöst wurde. 

Das FG hatte jedoch verkannt, dass bei einer Abfolge mehrerer Erwerbsvorgänge die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG für jeden einzelnen Erwerbsvorgang gesondert und auf der jeweiligen Vertragsstufe selbständig zu prüfen sind.

Auch die Aufhebung des ersten Vertrags über den Anteilserwerb erfüllt die Anforderungen an einen Rückerwerb i.S.d. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. 

Maßgeblich ist, dass im Zeitpunkt des vorausgegangenen Erwerbsvorgangs die veräußernde Gesellschaft bereits grundbesitzend war und sich das Grundstück somit in ihrem grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnungsbereich befand. 

Nur in diesem Fall kann die Gesellschaft den Grundbesitz infolge der späteren Anteilsvereinigung „zurückerlangen“. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Praxishinweis

Für die Aufhebung einer Grunderwerbsteuerfestsetzung ist es nicht von Bedeutung, ob der rückgängig gemachte Erwerbsvorgang seinerseits der Grunderwerbsteuer unterlag. 

Nach Ansicht des BFH lassen weder Wortlaut noch Systematik des Gesetzes den Schluss zu, dass die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG bei Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2, 2a, 3 oder 3a GrEStG von dessen Steuerbarkeit abhängig wäre.

BFH, Urt. v. 07.05.2025 - II R 26/23

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