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Mini One Stop Shop: Was sich bei der Umsatzsteuer für elektronische Dienstleistungen ändert

Ab dem neuen Jahr müssen sich Unternehmen, die elektronische Dienstleistungen anbieten, auf einschneidende Änderungen im Umsatzsteuerrecht einstellen: Auch bei für Privatpersonen erbrachte Dienstleistungen gilt dann deren Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthaltsort als Leistungsort. Der sog. „Mini One Stop Shop“ (MOSS) soll allzu viel Aufwand bei der Deklarierung der Umsatzsteuer vermeiden.

Ab dem 01.01.2015 gelten in der EU neue Regelungen für Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie sonstige elektronische Dienstleistungen, die für Privatpersonen erbracht werden. Der Leistungsort verlagert sich ab dann an den Ort des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts der privaten Kunden.

Der leistende Unternehmer hat künftig ein Wahlrecht, ob er sich in jedem EU-Land, in dem er für Privatpersonen die genannten Dienstleistungen erbracht hat, steuerlich registrieren lässt und Voranmeldungen abgibt sowie Steuern abführt oder ob er an dem neuen Meldeverfahren im eigenen Land teilnimmt, um dort die Steuern abzuführen (sog. „kleine einzige Anlaufstelle“ = KEA oder „Mini One Stop Shop“ = MOSS).

In diesem Zusammenhang hat die EU-Kommission einen Leitfaden herausgegeben, der die näheren Einzelheiten beschreibt. Der deutsche Gesetzgeber muss die Regelungen noch für das nationale Umsatzsteuerrecht umsetzen; das wird noch in diesem Jahr erfolgen.



Bereits mit Wirkung zum 01.01.2010 hatten sich die umsatzsteuerlichen Regelungen zur Bestimmung des Leistungsortes für „sonstige Leistungen“ grundlegend geändert (sog. Mehrwertsteuer-Paket 2010, Richtlinie 2008/8/EG vom 12.02.2008).

Seitdem wird im Grundsatz bei der Ortsbestimmung nach „B2B“-Leistungen  („Business to Business“) bzw. B2C-Leistungen („Business to Consumer“) unterschieden: Ist der Leistungsempfänger Unternehmer („B2B“), wird die Leistung an dem Ort erbracht, in dem der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 UStG). Ist der Leistungsempfänger hingegen eine Privatperson („B2C“), liegt der Leistungsort dort, wo der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 UStG).

In 2012 und 2013 hatte der EU-Gesetzgeber dann mit zwei Verordnungen (EU-Verordnung Nr. 967/2012 und EU-Durchführungsverordnung Nr. 1042/2013) diese Regelungen für bestimmte Arten von elektronischen Dienstleistungen modifiziert.

Ab 01.01.2015 verlagert sich somit der Ort der Leistung bei derartigen elektronischen Dienstleistungen generell an den Ort des Leistungsempfängers - unabhängig davon, ob  es sich bei diesem um ein Unternehmen oder um eine Privatperson handelt. Ist der Leistungsempfänger ebenfalls Unternehmer, wird (wie bisher) die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert. Der leistende Unternehmer muss dann keine Umsatzsteuer ausweisen und in seiner Rechnung lediglich auf den Übergang der Steuerschuld (sog. „Reverse-Charge-Verfahren“) hinweisen.

Bei einer Privatperson als Leistungsempfänger ist in der Rechnung weiterhin die Umsatzsteuer auszuweisen und abzuführen, und zwar grundsätzlich mit dem Steuersatz des Landes des Leistungsempfängers.

Um eine Meldepflicht für jedes Land in der EU, aus dem Privatpersonen bestellt haben zu vermeiden, sind aber Vereinfachungsregelungen geschaffen worden: Zu diesem Zweck wird in jedem EU-Land die sog. „kleine einzige Anlaufstelle“ (= „KEA“ oder auch „Mini One Stop Shop“ = „MOSS“) eingeführt.

Dieses Verfahren dient dazu, dass Unternehmer, die die o.g. Dienstleistungen an Privatpersonen in anderen EU-Staaten erbringen, die dafür geschuldete Umsatzsteuer über ein Internetportal melden und in dem Land entrichten können, in dem sie selbst steuerlich erfasst sind.

Die Teilnahme an diesem Verfahren ist nicht verpflichtend. Alternativ kann sich der Unternehmer auch in dem Land, in dem die Privatperson ihren Wohnsitz oder regelmäßigen Aufenthaltsort hat, steuerlich registrieren lassen und entsprechende Umsätze den dortigen Finanzbehörden melden sowie die geschuldete Steuer an sie abführen.

Wird dieses neue Verfahren gewählt, ist es für alle EU-Staaten einheitlich anzuwenden. Werden in mehreren EU-Staaten Leistungen an Privatpersonen erbracht, ist die „kleine einzige Anlaufstelle“ eine deutliche Vereinfachung, weil Meldepflichten und Zahlungen in mehreren EU-Staaten vermieden werden.

Ab 01.01.2015 muss ein Steuerpflichtiger, der in einem Mitgliedstaat (dem Mitgliedstaat der Identifizierung) für die „kleine einzige Anlaufstelle“ registriert ist, auf elektronischem Weg für jedes Quartal eine Mehrwertsteuererklärung mit genauen Angaben zu den Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernseh- oder sonstigen elektronischen Dienstleistungen abgeben, die er für Nichtsteuerpflichtige in anderen Mitgliedstaaten (des Verbrauchs) erbracht hat.

Diese Steuererklärungen werden zeitnah zusammen mit der entrichteten Mehrwertsteuer vom Mitgliedstaat der Identifizierung über ein sicheres Kommunikationsnetz an die entsprechenden Mitgliedstaaten (des Kunden) übermittelt. Dieses Verfahren ergänzt die jährlich abzugebenden Umsatzsteuererklärungen.

Ab dem 01.10.2014 können sich Unternehmer für die Teilnahme an der „kleinen einzigen Anlaufstelle“ registrieren lassen. Die näheren Einzelheiten sind in einem von der EU-Kommission herausgegebenen Leitfaden beschrieben. Der deutsche Gesetzgeber muss die Regelungen noch in diesem Jahr in das nationale Umsatzsteuerrecht überführen.

Praxishinweis

Vor dem Hintergrund der Neuregelung sollten Unternehmer bzw. deren steuerliche Berater bereits jetzt untersuchen, ob sich im Kundenkreis des Unternehmens Privatpersonen befinden, an die einschlägige Dienstleistungen in unterschiedlichen EU-Staaten erbracht werden. In diesem Zusammenhang sollten die betreffenden elektronischen Dienstleistungen von anderen Leistungen genau abgegrenzt werden. Dann sollte - nicht zuletzt unter pragmatischen Gesichtspunkten - frühzeitig entschieden werden, ob von dem neuen Verfahren („kleine einzige Anlaufstelle“) im Land des Unternehmers Gebrauch gemacht werden soll oder doch eine Umsatzbesteuerung direkt im jeweiligen Heimatland der Kunden sinnvoller ist.

Die Registrierung für das neue Verfahren muss bis spätestens Ende dieses Jahres erfolgen, sollte aber im Einzelfall so früh wie möglich umgesetzt werden (ab 01.10.2014). Da bislang noch keine nationale Regelung vorliegt, muss noch abgewartet werden, ob der deutsche Gesetzgeber im Laufe des Jahres noch Sonderregelungen einführt, die darüber hinaus zu beachten sind. Betroffene Unternehmen und ihre Berater können sich mittels des von der EU-Kommission herausgegebenen Leitfadens weitergehend über die Einzelheiten der „kleinen einzigen Anlaufstelle“ informieren.

EU-Kommission, Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer v. 23.10.2013

EU-Verordnung Nr. 967/2012 vom 9. Oktober 2012 zur Änderung der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 hinsichtlich der Sonderregelungen für nicht ansässige Steuerpflichtige, die Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronische Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringen

EU-Durchführungsverordnung Nr. 1042/2013 vom 7. Oktober 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011 bezüglich des Ortes der Dienstleistung

Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Scholz