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Steuerschuldnerschaft bei Edelmetallen

Mit einem aktuellen Schreiben gibt das BMF Anwendungshinweise zu den umsatzsteuerlichen Änderungen im Zuge des Jahressteuergesetzes 2015 (JStG 2015 - Zollkodex-Anpassungsgesetz - ZollkodexAnpG). Dies betrifft die seit Jahresbeginn geltenden Neuregelungen in § 13b Abs. 2 Nr.11 UStG und der Anlage 4 des UStG zur Steuerschuldnerschaft bei der Lieferung von Edelmetallen, unedlen Metallen und Cermets.

Durch das ZollkodexAnpG wurde der § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG einschließlich der Anlage 4 UStG mit Wirkung zum 01.01.2015 geändert. Seither sind Selen, Gold, Draht, Stangen, Bänder, Folien, Bleche und andere flachgewalzte Erzeugnisse sowie Profile, die aus unedlen Metallen hergestellt worden sind, in der Anlage 4 UStG gestrichen. Gleichzeitig wurden die bestehenden Regelungen des § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG über die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (u.a. für die Lieferung von Mobilfunkgeräten) auch auf Lieferungen von Metallen, die in der Anlage 4 UStG genannt sind, ausgedehnt.

Folgen der gesetzlichen Änderung

Dies bedeutet, dass der Leistungsempfänger bei Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen und Cermets, die nach dem 31.12.2014 ausgeführt wurden, Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Nr. 11 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 UStG bei Überschreiten eines bestimmten Betrags ist:

  • Der Leistungsempfänger muss Gegenstände i.S.d. Anlage 4 UStG i.d.F. von Art. 11 Nr. 2 ZollkodexAnpG geliefert bekommen,
  • und die Summe der Entgelte, die für die steuerpflichtigen Lieferungen dieser Gegenstände in Rechnung gestellt werden, muss bei einem wirtschaftlichen Vorgang mindestens 5.000 € betragen.


Leistungsempfänger ist zum Zeitpunkt der Lieferung Steuerschuldner

Das BMF stellt in mehreren Beispielen dar, wie die Neuregelung für Umsätze, die nach dem 31.12.2014 ausgeführt werden, anzuwenden ist. Für den Fall, dass der Leistungsempfänger zum Zeitpunkt der Lieferung Steuerschuldner ist, unterscheidet das BMF vier verschiedene Fälle:

  1. Schlussrechnung über Lieferungen, die nach dem 31.12.2014 erbracht werden, aber Abschlagszahlungen bereits vor dem 01.01.2015,
  2. Berichtigung einer Rechnung über Anzahlungen, die vor dem 01.01.2015 erstellt worden ist, wenn die Zahlung erst nach dem 31.12.2014 erfolgt,
  3. Abrechnungen nach dem 31.12.2014, wenn die Leistungen vor dem 01.01.2015 erbracht worden sind,
  4. Berichtigung nach dem 31. Dezember 2014 einer vor dem 01.01.2015 erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen

Das Schreiben geht bei diesen Konstellationen jeweils darauf ein, ob und inwiefern Rechnungen berichtigt werden müssen und ob die Nichtbeanstandungsregelung in Anspruch genommen werden kann. Nach dieser Nichtbeanstandungsregelung kann bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers

  • nur das um das vor dem 01.01.2015 vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder
  • das um die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt

zugrunde gelegt werden, wenn diese Anzahlung(en) vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert, d.h. in einer Voranmeldung oder in einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet wurde(n). In derartigen Fällen ist eine Rechnungsberichtigung entbehrlich. Das Schreiben erläutert die Vorgehensweise zudem mit den beiden folgenden Beispielen bzw. mit der Lösung anhand der Rechtslage, wie sie im Schreiben dargestellt wird:

Beispiel 1:

Unternehmer A und Unternehmer B vereinbaren eine Metalllieferung i.S.d. des § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG. Beide geben monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. A stellt am 02.12.2014 eine Abschlagsrechnung über 10.000 € zuzüglich 1.900 € Umsatzsteuer aus. Die Rechnung wird von B noch im Dezember 2014 bezahlt. Im Januar 2015 stellt sich heraus, dass der Anzahlung eine falsche Menge von Metallen zugrunde gelegen hat. Danach hätte nur eine Anzahlung mit einem Entgelt von 6.000 € in Rechnung gestellt werden dürfen. Der überzahlte Betrag wird B zurückerstattet. Die Lieferung der Metalle wurde im Februar 2015 ausgeführt.

Bei Inanspruchnahme der Nichtbeanstandungsregelung nach Abschn. II Nummer 1.1 Buchst. a hat A seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, dass nur noch ein Entgelt in Höhe von 6.000 € zuzüglich 1.140 € Umsatzsteuer auszuweisen ist. Die Änderungen gegenüber der ursprünglichen Rechnung hat er in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2015 entsprechend zu berücksichtigen. B hat den in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2014 geltend gemachten Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2015 entsprechend zu mindern.

Beispiel 2:

Sachverhalt wie in Beispiel 1, jedoch hätte eine Anzahlung mit einem Entgelt von 11.000 € in Rechnung gestellt werden müssen. B zahlt den Mehrbetrag im Februar 2015.

Bei Inanspruchnahme der Nichtbeanstandungsregelung nach Abschn. II Nummer 1.1 Buchst. a hat A seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, dass sie ein Entgelt in Höhe von 11.000 € enthält. Hinsichtlich der vor dem 01.01.2015 geleisteten Anzahlung bleibt es bei der Steuerschuld des A, so dass insoweit weiterhin eine Umsatzsteuer von 1.900 € auszuweisen ist.

Die ursprüngliche Besteuerung (A erklärt den Umsatz in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2014, B hat den Vorsteuerabzug in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2014 geltend gemacht) bleibt unverändert. Für die (Rest-)Anzahlung, die im Februar 2015 geleistet wird, ist in der Rechnung nur das (Netto-)Entgelt von 1.000 € anzugeben.

Außerdem muss A den B insoweit auf dessen Steuerschuldnerschaft hinweisen. B muss das (Netto-)Entgelt von 1.000 € sowie die Steuer hierauf von 190 € in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Februar 2015 anmelden und kann gleichzeitig diese Steuer als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG).

Leistender Unternehmer ist zum Zeitpunkt der Lieferung Steuerschuldner

Hierbei unterscheidet das BMF-Schreiben zwei Fälle:

  1. Schlussrechnung über nach dem 31.12.2014 erbrachte Lieferungen bei Abschlagszahlungen vor dem 01.01.2015
  2. Berichtigung einer vor dem 01.01.2015 erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die Zahlung erst nach dem 31.12.2014 erfolgt

Auch für diese Konstellationen verdeutlicht das Schreiben die Rechtslage wieder anhand von Beispielen:

Beispiel 1:

Unternehmer A und Unternehmer B vereinbaren eine Lieferung von Profilen aus Kupfer. Beide geben monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Die Bemessungsgrundlage für die Lieferung beträgt 50.000 €. A und B haben eine Abschlagszahlung in Höhe von 10.000 € vereinbart, die bei A fristgerecht am 15.12.2014 eingeht. A hat hierüber am 03.12.2014 eine Rechnung ausgestellt, in der das Entgelt ausgewiesen und auf die Steuerschuldnerschaft des B hingewiesen wurde. B hat die Umsatzsteuer auf die Anzahlung in seinen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Dezember 2014 angemeldet und diese Steuer gleichzeitig als Vorsteuer abgezogen. Die Kupferprofile wurden am 20.01.2015 geliefert.

Für die Lieferung der Kupferprofile ist A Steuerschuldner, weil Profile aus Kupfer seit dem 01.01.2015 nicht mehr in der Anlage 4 UStG enthalten sind und die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers daher keine Anwendung findet. Da B hinsichtlich dieses Umsatzes zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann A in der Schlussrechnung auf die Bemessungsgrundlage von 50.000 € die gezahlte Anzahlung als Nettobetrag anrechnen:

Ausgeführte Kupferprofillieferung50.000 €
abzüglich Anzahlungen     10.000 €
Zwischenbetrag40.000 €
+ Umsatzsteuer (19 %)   7.600 €
von B zu zahlen:    47.600 €


Die Rechnung über die geleistete Anzahlung muss nicht berichtigt werden. B muss die Umsatzsteuer auf die Anzahlung nicht berichtigen.

Leistender Unternehmer und Leistungsempfänger können in derartigen Fällen aber auch die Übergangsregelung für Metalllieferungen anwenden.

Beispiel 2:

Sachverhalt wie Beispiel 1. Beide Unternehmer wenden einvernehmlich die o.g. Nichtbeanstandungsregelung an. Die Schlussrechnung kann dann wie folgt aussehen:

Ausgeführte Kupferprofillieferung50.000 €
abzüglich Anzahlungen10.000 €
von B zu zahlen:40.000 €


In der Rechnung wird dabei ein Passus aufgenommen, nach dem A und B einvernehmlich davon ausgehen, dass B in Anwendung der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung des § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG und der Anlage 4 UStG als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 11 UStG auch Steuerschuldner der Schlusszahlung ist.

Beispiel 3:

Unternehmer A und Unternehmer B vereinbaren eine Lieferung von Blechen aus Zink. Beide geben monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Die Bemessungsgrundlage für die Lieferung beträgt 30.000 €. A und B haben eine Abschlagszahlung in Höhe von 11.900 € vereinbart, die am 19.01.2015 zu entrichten ist. A hat über die zu leistende Anzahlung bereits am 22.12.2014 eine Rechnung ausgestellt, in der das Entgelt ausgewiesen und auf die Steuerschuldnerschaft des B hingewiesen wurde. Die Anzahlung ist bei A fristgerecht am 19.01.2015 eingegangen. Die Bleche wurden am 10.02.2015 geliefert.

Für die Lieferung der Zinkbleche ist A Steuerschuldner, weil Bleche aus Zink seit dem 01.01.2015 nicht mehr in der Anlage 4 UStG enthalten sind und die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers daher keine Anwendung findet. Da die Anzahlung nach dem 31.12.2014 eingegangen ist und die Leistung nach diesem Datum erbracht wurde, hat A die ursprüngliche Anzahlungsrechnung zu berichtigen, indem er das bisherige Nettoentgelt als Bruttoentgelt ansieht und wie folgt abrechnet:

Anzahlung für Zinkblechlieferungen10.000 €
+ Umsatzsteuer (19 %) 1.900 €
von B zu zahlen:11.900 €


Schließlich sieht das Schreiben eine weitere Übergangs- bzw. Nichtbeanstandungsregelung vor: Für Lieferungen von Edelmetallen (sofern es sich nicht um Lieferungen von Gold handelt und auf die bereits vor dem 01.10.2014 § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG anzuwenden ist), unedlen Metallen, Selen und Cermets, die nach dem 30.09.2014 und vor dem 01.07.2015 ausgeführt werden, können der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgehen und die bisherigen Regelungen anwenden. Erforderlich dafür ist, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer zutreffend versteuert wird.

Ebenfalls können, auch wenn dies nicht der neuen Rechtslage entspricht, der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger für Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets, die nach dem 31.12.2014 und vor dem 01.07.2015 ausgeführt werden, einvernehmlich von der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ausgehen.

Praxishinweis

Das BMF-Schreiben schildert gut verständlich die neue Rechtslage bzw. die Möglichkeiten der beteiligten Unternehmer, von Übergangsregelungen Gebrauch zu machen, und bietet damit einen guten Leitfaden für die Praxis.

BMF, Schreiben v. 13.03.2015 - IV D 3 - S-7279/13/10003

Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz


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