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Umsatzbesteuerung bei öffentlichen Zuschüssen

Das FG Rheinland-Pfalz hat die Frage geklärt, ob die beim Betrieb einer Mensa erbrachten Leistungen nach dem UStG i.V.m. der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) steuerbefreit sind. Die Finanzrichter differenzierten: Umsätze, die gegenüber Studenten ausgeführt werden, sind steuerpflichtig - hingegen besteht eine Steuerbefreiung soweit öffentliche Zuschüsse zum Mensabetrieb betroffen sind.

Eine Mensa- Bau- und Betriebs-GmbH, deren Gesellschafter das Land und private Anteilseigner waren, erbrachte in den Jahren 2005-2007 Verpflegungsleistungen an Studenten. Die GmbH hatte sich vertraglich gegenüber dem Land verpflichtet, die Versorgung in der Mensa zu garantieren. Daneben vergaben das Land und das Studentenwerk  Zuschüsse aufgrund besonderer Kooperationsvereinbarungen.

Bei der Umsatzsteuer erklärte die GmbH für die  Jahre 2006 und  2007 lediglich die Mensaeinnahmen von Nichtstudenten als steuerpflichtig; die restlichen Einnahmen und Zuschüsse hingegen als steuerfreie Umsätze. Das Finanzamt sah aufgrund der Außenprüfung in 2009 alle Einnahmen als umsatzsteuerpflichtig an, und rechnete über § 10 Abs. 1 S. 3 UStG der Bemessungsgrundlage als Entgelt von Dritter Seite hinzu.

Gegen die Umsatzsteuernachforderungen in Höhe von ca. 100.000 € legte die GmbH Einspruch ein und trug vor, sie könne sich für die Steuerfreiheit der Verpflegung von Studenten direkt auf die EU-Richtlinie berufen, weil es sich um eng mit dem Hochschulunterricht verbundene Umsätze handele. Außerdem sei sie ein staatlich anerkannter Bildungsträger und ein Teil der Umsätze müsse nicht ihr, sondern der FH selbst zugerechnet werden.

Gegen die Zurückweisung des Einspruchs klagte die GmbH mit teilweise Erfolg. Laut FG Neustadt sind die Umsätze gegenüber den Studenten zu Recht der Klägerin als Unternehmer im Rahmen eines Leistungsaustauschs zugerechnet worden. Bei den öffentlichen Zuschüssen handelt es sich um steuerfreie Umsätze, die im Leistungsaustauschverhältnis zum Lande Rheinland-Pfalz erbracht wurden.

Der Kooperationsvertrag zwischen Klägerin und Land bezieht sich auf eine Dienstleistung an das Land als Vertragspartner, weil die Zuschüsse nicht für bestimmte Mensa-Leistungen an die Studenten gewährt wurden. Auch den pro studentisches Mensaessen vom Land an die Klägerin gezahlten Betrag von 0,98 € sieht der Senat nicht als Entgelt Dritter für die von der Klägerin gelieferte Mittagessen an, sondern als weiteres Entgelt des Landes an den Kläger für die Garantie der Klägerin, die FH mit Essen zu versorgen.

Die Umsätze der Klägerin an die Studenten sind nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei, weil die GmbH kein Wohlfahrtsverband ist. Ein Unternehmen, das lediglich Umsätze erbringt, die denen eines Wohlfahrtverbandes ähneln, kann sich nicht auf diese Befreiungsvorschrift berufen.

Kommt EU-Recht zur Anwendung?

Auch das EU-Recht (Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g. der 6. EG-Richtlinie bzw. ab 2007 Art. 132 Abs. 1 lit. g Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie - MwStSystRL) stellt die Umsätze der Klägerin nicht umsatzsteuerfrei. Der Steuerpflichtige kann sich direkt auf die Richtlinie beziehen, wenn das Mitgliedsland diese nicht hinreichend genau und unbedingt in nationales Recht umgesetzt  hat. Eine direkte Berufung auf EU-Recht ist  im Streitfall aber nicht möglich, weil die Richtlinie nicht sämtliche dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten freistellen wollte, sondern sich nur auf bestimmte einzeln aufgeführte und genau beschriebene Umsätze bezieht.  

Die EU-Rechtsprechung (EuGH, Urt. v. 15.11.2012) hat anerkannt, dass private Fürsorgeeinrichtungen von der USt-Befreiung ausgenommen werden dürfen, wenn sie eine systematische Gewinnerzielung anstreben. Indiz für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht ist die Anerkennung und Kostenübernahme durch zuständige Sozialversicherungsträger wie z.B. Krankenkassen.

Letztlich macht das FG seine diesbezüglich Ablehnung aber daran fest, dass nur solche „fürsorgenden“ Leistungen  von der UmSt befreit sein können, bei denen der Unternehmer nicht bestrebt ist, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen und auch nicht im unmittelbaren Wettbewerb zu anderen umsatzsteuerpflichtigen Leistungen (z.B. Essenausgabe in Restaurants) steht.

Die Umsätze der GmbH sind aber auch nicht umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 23 UStG (Versorgung von Jugendlichen zu Erziehungs- und Ausbildungszwecken). Hier ist es Voraussetzung, dass der verköstigende Unternehmer die Jugendlichen bei sich aufnimmt und ausbildet. Unstreitig bildet die GmbH die Jugendlichen gerade nicht aus. Dies gilt sowohl für die Umsätze gegenüber den Studenten als auch für die  Leistungen, die die Klägerin dem Land gegenüber („Garantie der  Versorgung“) erbringt.

Der GmbH fehlt die steuerliche Neutralität

Das FG stellte bei der Prüfung des Verstoßes gegen EU-Recht fest, dass ein Teil der Umsätze an der fehlenden „steuerlichen Neutralität“ gem. Art. 134 MwStSystRL scheitert. Die Leistungen gegenüber den Studenten stehen im Wettbewerb zu den sonstigen Essenslieferanten, eine Steuerfreiheit würde den Wettbewerb unangemessen verzerren. Die Umsätze gegenüber dem Land (gegen Zuschüsse zur Garantie der Mensa-Versorgung)  stehen lediglich  in einem hypothetischen Wettbewerbsverhältnis, deshalb führt dieser Teil der Umsätze zur Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 lit i MwStSystRL.

Im Ergebnis stellt also das Finanzgericht mit Abwägung der Änderungsvorschrift § 176 AO fest, dass der Mensa-Umsatz gegenüber den Studenten nicht steuerbefreit ist, die Klägerin aber gegenüber dem Land/ Studentenwerk nach Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. i der 6. EG-Richtlinie bzw. Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL steuerbefreite Umsätze erbracht hat.

Praxishinweis

Auch wenn sich das FG-Urteil streckenweise etwas „ergebnisorientiert“ und schwerfällig  anhört, ist es dem Senat gelungen, diese Konstruktion als EU-konform abzusegnen, was zur Nachahmung motivieren kann. Weil jedoch die Revision ausdrücklich zugelassen wurde, sollten diese „Nachfolger“ jedoch das Urteil des BFH abwarten, denn erst dann kann von wirklicher Rechtssicherheit gesprochen werden.

FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 07.08.2014 - 6 K 1387/11
EuGH Urt. v. 15.11.2012 - Rs. C-174/11

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann