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Umsatzsteuer -

Wann sind Ärzte von der Umsatzsteuer befreit?

Grundsätzlich sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin von der Umsatzsteuer befreit. Aber gilt das auch für alle Bereitschafts- und Notdienste? Der BFH hat klargestellt, dass auch Leistungen eines Arztes im Rahmen eines Notdienstes, mit denen gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig erkannt werden sollen, um sofort geeignete Maßnahmen einleiten zu können, umsatzsteuerfrei sind.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 02.08.2018 entschieden, dass auch im Rahmen von notärztlichen Bereitschaftsdiensten bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin vorliegen und die Umsätze somit steuerfrei sind.

Sachlage im Streitfall

Im aktuellen Fall erzielte ein Arzt sowohl umsatzsteuerfreie als auch umsatzsteuerpflichtige Umsätze. Zu seinen Tätigkeiten gehörte u.a. der Bereitschaftsdienst bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen.

Dabei umfassten die Aufgaben des Arztes zum einen, den Veranstaltungsbereich im Vorfeld zu kontrollieren und die Verantwortlichen im Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefährdungen zu beraten, und zum anderen, während der Veranstaltung bei kontinuierlichen Rundgängen frühzeitig Gefahren und gesundheitliche Probleme der anwesenden Personen zu erkennen.

Bei Bedarf sollten ärztliche Untersuchungen und Behandlungen von Patienten durchgeführt werden. Umsatzsteuer wurde in den gestellten Rechnungen für die geleistete notärztliche bzw. sanitätsdienstliche Betreuung nicht ausgewiesen.

Das Finanzamt unterwarf die vom Arzt an den Veranstalter erbrachten Leistungen jedoch der Umsatzsteuer. Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg, da der Arzt nach Ansicht des FG lediglich Anwesenheit und Einsatzbereitschaft geleistet habe und dies für eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung nicht ausreiche. Der in Revision angerufene BFH gab dann aber dem Arzt Recht und bestätigte die umsatzsteuerliche Steuerbefreiung von Notdiensten.

Steuerbefreiung von Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin

Grundsätzlich sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, steuerfrei.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird der Begriff der Heilbehandlungen relativ weit ausgelegt, so dass auch die Diagnose, die Behandlung und, soweit möglich, die Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen inbegriffen sind. Wichtig ist, dass Heilbehandlungen einen therapeutischen Zweck haben müssen.

Dabei gehören zu den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin auch solche Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, wie etwa Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden. Keine Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin sind daher ärztliche Leistungen, Maßnahmen oder medizinische Eingriffe, die zu anderen Zwecken erfolgen.

Der Steuerbefreiung steht es auch nicht entgegen, wenn Leistungen nicht gegenüber Patienten oder Krankenkassen erbracht werden. Für die Steuerfreiheit kommt es nicht auf die Person des Leistungsempfängers an, da sich die personenbezogene Voraussetzung der Steuerfreiheit auf den Leistenden bezieht, der Träger eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufs sein muss. Es kommt allein auf dem humanmedizinischen Zweck der Leistung an.

Praxishinweis

Der BFH hat mit diesem Urteil klargestellt, dass auch notärztliche Leistungen der umsatzsteuerlichen Steuerbefreiung für Heilbehandlungen unterliegen. Dabei gilt die Steuerbefreiung auch dann, wenn die Leistungen nicht gegenüber Patienten oder einer Krankenkasse erbracht werden. Steuerpflichtige sollten diese Rechtsprechung berücksichtigen und bei notärztlichen Leistungen ohne Umsatzsteuer abrechnen.

BFH, Urt. v. 02.08.2018 - V R 37/17

Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper