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Gewerbesteuer -

Umwandlungen: Übergang des Gewerbeverlusts?

Wann geht bei Umwandlungen ein Gewerbeverlust auf die aufnehmende Gesellschaft über? Der BFH hat das in einem Fall geklärt, bei dem der gesamte Betrieb einer Kapitalgesellschaft in eine GmbH & Co. KG eingebracht wurde. Demnach ist wesentlich, wer nach den tatsächlichen Verhältnissen den Gewerbebetrieb fortführt und ob die Unternehmensidentität bei der übernehmenden Personengesellschaft vorliegt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 01.02.2024 (IV R 26/21) entschieden, dass im Fall der Einbringung des gesamten Betriebs einer Kapitalgesellschaft in eine GmbH & Co. KG und einer darauffolgenden Änderung der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft zu einer Holdinggesellschaft der Gewerbeverlust bei der übernehmenden Personengesellschaft angesetzt werden kann. 

Voraussetzung ist die Beibehaltung der Unternehmensidentität durch Übernahme und Fortführung des bestehenden Gewerbebetriebs.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Sie betrieb Einzel- und Großhandelsgeschäfte und erbrachte Dienstleistungen an andere Betreiber von entsprechenden Geschäften. 

Zudem war Gegenstand des Unternehmens das Halten und Verwalten eigenen Vermögens einschließlich Beteiligungen an anderen Gesellschaften im In- und Ausland. 

Die Gesellschafterin der Klägerin, eine Kapitalgesellschaft, brachte eine inländische Betriebsstätte einschließlich aller Wirtschaftsgüter nach § 24 UmwStG in die Klägerin ein. 

Nach Einbringung der Betriebsstätte entfaltete die Gesellschafterin keine weiteren operativen gewerblichen Aktivitäten mehr, sondern konzentrierte sich nur auf das Halten und Verwalten der von ihr gehaltenen Beteiligungen einschließlich der Gesellschafterstellung bei der Klägerin.

Die Klägerin beantragte die Fortführung des Gewerbeverlusts der eingebrachten Betriebsstätte im Rahmen der von ihr für das Übertragungsjahr eingereichten Gewerbesteuererklärung. 

Das Finanzamt (FA) ließ den Gewerbeverlust im Rahmen der Veranlagung jedoch unberücksichtigt. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht der Klage statt und berücksichtigte den Gewerbeverlust. Die Revision des FA sah der BFH als unbegründet an und wies diese daher zurück.

Fortführung des Gewerbeverlusts

Nach § 10a Satz 1 GewStG kann ein Gewerbeertrag bis zu einem Betrag i.H.v. 1 Mio. € um den vorgetragenen Gewerbeverlust gekürzt werden. Darüber hinaus kann der Gewerbeertrag um 60 % des vorgetragenen Gewerbeverlusts aus den Vorjahren gekürzt werden. 

Für die Fortführung des Gewerbeverlusts aus den Vorjahren ist es jedoch erforderlich, dass der Betrieb sowohl seine Unternehmens- als auch seine Unternehmeridentität beibehält.

Die Unternehmensidentität meint die Beibehaltung der bisherigen Tätigkeit und des Wesens des Gewerbebetriebs. Bei einer Personengesellschaft ist hierbei darauf abzustellen, ob die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung die gleiche geblieben ist. 

Die Unternehmeridentität erfordert, dass der Gewerbetreibende den Verlust in eigener Person erlitten hat. Bei einer Personengesellschaft hängt die Unternehmeridentität von ihren Gesellschaftern ab.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Im Streitfall sind sowohl Unternehmer- als auch Unternehmensidentität gewahrt. Ob die Betätigung unverändert geblieben ist, ist nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale zu entscheiden. 

Maßgeblich sind insbesondere die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung sowie die Zusammensetzung des Aktivvermögens. 

Nach Ansicht des BFH steht es der Nutzung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auch nicht entgegen, dass der Verlust in einer anderen Kapitalgesellschaft entstanden ist. Im Fall der Übertragung eines Gewerbebetriebs steht demjenigen der Abzug des Gewerbeverlusts zu, der dasselbe Unternehmen fortführt.

Dass der übertragende Betrieb (hier die Kapitalgesellschaft) in einer anderen Form fortbesteht, steht dem Übergang des Gewerbeverlusts somit nicht entgegen. Maßgeblich ist vielmehr, wer nach den tatsächlichen Verhältnissen den Gewerbebetrieb fortführt. 

Dies ist nach den Feststellungen des BFH die Klägerin. Da das Fortbestehen der Unternehmeridentität nicht umstritten war, kann die Klägerin den Gewerbeverlust fortführen und diesen im Streitjahr mit dem Gewerbeertrag verrechnen.

Praxishinweis

Der BFH hat auch bereits in anderen Fallkonstellationen zur Behandlung des Gewerbeverlusts im Fall der Übertragung eines Gewerbebetriebs entschieden. 

Bei der Übertragung eines Gewerbebetriebs einer AG auf eine KG geht der Gewerbeverlust beispielsweise dann nicht über, wenn die AG neben ihrer Mitunternehmerstellung noch Beteiligungen an anderen Gesellschaften hält und verwaltet. 

Für den Übergang des Gewerbeverlusts ist somit stets im Einzelfall zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Beibehalt der Unternehmens- und Unternehmeridentität vorliegen und tatsächlich das gesamte Unternehmen übertragen wird.

BFH, Urt. v. 01.02.2024 - IV R 26/21

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