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Verfahrensrecht -

Wann ist ein Schenkungsteuerbescheid ungültig?

Welche Voraussetzungen gelten für einen Schenkungsteuerbescheid? Der BFH hat klargestellt: Wenn der Schenker die Schenkungsteuer vollständig zahlt, erlischt die Steuer gegenüber dem Beschenkten als weiteren Gesamtschuldner und kann diesem gegenüber nicht mehr festgesetzt werden. Zudem muss die Höhe der festgesetzten Schenkungsteuer sicher bestimmbar sein - ansonsten ist der Bescheid nichtig.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 08.11.2023 (II R 22/20) die Grundsätze zur Nichtigkeit von (Schenkung-)Steuerbescheiden konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Der Vater des Klägers war an verschiedenen Personen- und Kapitalgesellschaften beteiligt und schenkte seinem Sohn K einen Anteil der Beteiligungen unter lebenslangem Nießbrauchsvorbehalt. 

Er übernahm im Vertrag eine etwaig anfallende Schenkungsteuer. Mit dem Finanzamt entstand später Streit darüber, ob bei diesen Beteiligungen die Begünstigungen für Betriebsvermögen zu gewähren sind. 

Der ablehnende Bescheid ging zunächst von einer festzusetzenden Steuer von rund 15,8 Mio. € aus, jedoch enthielt der Bescheid dann eine Zahlungsaufforderung über 3,3 Mio. € (abzurechnen wären 10,0 Mio. €, bereits getilgt 6,7 Mio. €). 

Der Vater zahlte den fälligen Betrag. Einspruch und Klage waren erfolglos. Der BFH sah dies anders und hob das Urteil des Finanzgerichts auf.

Entscheidung und Begründung

Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Er ist nichtig und damit unwirksam, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. 

Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird. 

Für die Frage, ob ein Steuerbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kommt es grundsätzlich auf die Überschrift und den verfügenden Teil (Tenor) des Bescheids an. 

Die Begründung des Bescheids kann zwar bei der Auslegung des Tenors herangezogen werden. Aber: Widerspricht die Begründung dem verfügenden Teil des Bescheids, so kann der Bescheid jedenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht aufrechterhalten werden.

Vor diesem Hintergrund beurteilte der BFH den Schenkungsteuerbescheid als nichtig, da aus diesem für K nicht eindeutig hervorgeht, in welcher Höhe die Schenkungsteuer gegen ihn festgesetzt wurde. 

Der Tenor des Schenkungsteuerbescheids steht im Widerspruch zu dessen Begründung. Es wird ausdrücklich - zunächst im Tenor - Schenkungsteuer i.H.v. 15,8 Mio. € festgesetzt und sodann in der Begründung unter der Überschrift „Steuerfestsetzung“ ein niedrigerer Betrag als „festgesetzte Steuer“ ausgewiesen. 

Das ist widersprüchlich und führt dazu, dass die festgesetzte Steuer, die eines der Kernelemente eines Steuerbescheids ist, für K als Adressaten des Bescheids nicht hinreichend bestimmbar ist.

Der Bescheid lässt auch nicht erkennen, dass die festgesetzte Steuerschuld durch die Zahlung des Vaters materiell erloschen ist. 

Zwar wurde in der Begründung des Schenkungsteuerbescheids die durch den Vater bereits geleistete Zahlung abgezogen und eine niedrigere als die im Tenor festgesetzte Steuer als festgesetzt ausgewiesen. 

Durch diese Darstellung wird aber nicht hinreichend deutlich, dass die Entrichtung der Schenkungsteuer durch den Schenker zum Erlöschen der gegen K festzusetzenden Steuerschuld geführt hat. 

Der Bescheid leidet für den BFH daher an einem schwerwiegenden Fehler und ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aufzuheben.

Praxishinweis

Der BFH hat seine Grundsätze für die Nichtigkeit von (Schenkung-)Steuerbescheiden weiter konkretisiert: 

Entrichtet der Schenker die ihm gegenüber festgesetzte Schenkungsteuer in vollem Umfang, so erlischt diese auch mit Wirkung gegenüber dem Bedachten als weiteren Gesamtschuldner und kann daher diesem gegenüber nicht mehr festgesetzt werden. Ein Steuerbescheid ist nichtig, wenn ihm auch nach verständiger Auslegung nicht mit hinreichender Sicherheit die Höhe der festgesetzten Steuer entnommen werden kann.

BFH, Urt. v. 08.11.2023 - II R 22/20

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