Wann können Steuerbescheide bei von Dritten elektronisch übermittelten Daten geändert werden? Der BFH hat entschieden, dass eine Änderung nach § 175b AO auch dann zulässig ist, wenn die Daten bei Erlass des Ausgangsbescheids noch nicht vorlagen, sondern erst später an das Finanzamt übermittelt werden. Im Streitfall hatten die Kläger ihre Renteneinkünfte korrekt in der Steuererklärung angegeben.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.11.2024 (X R 25/22) entschieden, dass eine Änderung des Steuerbescheids nach § 175b Abs. 1 AO auch dann zulässig ist, wenn die von der Rentenversicherung übermittelten Daten zum ursprünglichen Bescheid nicht bereits vorlagen, sondern der Finanzbehörde erst später - erstmalig - übermittelt wurden.
Sachlage im Streitfall
Die Kläger sind ein Ehepaar, welche neben weiteren Einkünften auch Rentenzahlungen erhielten, die sie u.a. aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung bezogen. Diese Renteneinnahmen wurden von den Klägern korrekt in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung angegeben.
Zum Zeitpunkt der Veranlagung lagen dem Finanzamt (FA) jedoch noch keine elektronischen Mitteilungen über die Rentenbezüge vor, weshalb diese Einkünfte bei der Steuerfestsetzung zunächst unberücksichtigt blieben. Der Steuerbescheid wurde ohne Vorbehalt der Nachprüfung erlassen.
Kurz darauf übermittelte der Rentenversicherungsträger die relevanten Daten zu den Leibrentenbezügen des Klägers in elektronischer Form an das FA. In der Folge änderte das FA den Einkommensteuerbescheid gem. § 175b AO und bezog nun auch die Renteneinkünfte des Klägers als sonstige Einkünfte in die Besteuerung ein.
Der Einspruch sowie die anschließende Klage beim Finanzgericht (FG) blieben erfolglos. Der BFH sah die Revision des Klägers als unbegründet an und wies diese daher zurück.
Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung durch Dritte gem. § 175b AO
Gemäß § 175b Abs. 1 AO ist die Finanzverwaltung verpflichtet, eine bereits bestandskräftige Steuerveranlagung zu ändern, wenn Daten von einer nach § 93 AO zur Mitteilung verpflichteten Stelle zwar übermittelt wurden, jedoch von der Finanzverwaltung nicht oder nicht korrekt verarbeitet wurden.
Diese Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf Informationen, die von Dritten – nicht vom Steuerpflichtigen selbst – an das FA übermittelt werden. Welche Stellen zur Datenübermittlung verpflichtet sind und welche Informationen dabei übermittelt werden müssen, ergibt sich aus § 93c AO sowie aus den entsprechenden steuerrechtlichen Vorschriften.
Die Übermittlung entsprechender Daten erfolgt insbesondere durch Arbeitgeber, Rentenversicherungsträger sowie Stellen, die Kapitalerträge melden. Auch Krankenversicherungen fallen unter diese Regelung.
Nach § 175b Abs. 2-4 AO ist zudem eine Korrektur des Steuerbescheids in anderen Fällen in Zusammenhang mit der Übermittlung elektronischer Daten möglich. Nach § 175b Abs. 2 AO ist beispielsweise auch eine Änderung möglich, sofern die übermittelten Daten falsch waren.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Der BFH folgt der Auffassung des FG, dass eine Korrektur nach § 175b Abs. 1 AO auch dann zulässig ist, wenn die Daten im Sinne des § 93c AO bei Erlass des zu ändernden Ausgangsbescheids noch nicht vorgelegen haben, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt - erstmalig - an die Finanzbehörde übermittelt worden sind.
Bei den von der Rentenversicherung übermittelten Daten handelt es sich um entsprechende Daten im Sinne des § 93c AO, die einen Besteuerungszeitraum nach 2016 betreffen.
Es ist somit unerheblich, ob diese Daten der Finanzbehörde bereits zuvor durch die Einreichung der Einkommensteuererklärung der Kläger bekannt waren.
Praxishinweis
Mit der Einführung des § 175b Abs. 1 Satz 1 AO wollte der Gesetzgeber die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 AO in das elektronische Zeitalter übertragen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten elektronische Daten zutreffend in der Steuererklärung berücksichtigt werden – unabhängig davon, wann diese vorlagen oder wann diese übermittelt wurden.
§ 175b AO ist somit als universale Änderungsvorschrift anzusehen, sofern elektronische Daten für die Besteuerung maßgeblich sind. Dies gilt sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Steuerpflichtigen.
BFH, Urt. v. 27.11.2024 – X R 25/22