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Einkommensteuer -

Behindertengerechter Umbau und vGA

In welcher Höhe sind behinderungsbedingte Kosten als außergewöhnliche Belastungen absetzbar? Und was gilt, wenn wegen ersparter Kosten eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt? Der BFH hat entschieden, dass ersparte Mietaufwendungen, die beim Gesellschafter zur vGA führen, als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können, soweit sie behinderungsbedingten Mehraufwand darstellen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 17.06.2025 (VI R 15/23) entschieden, dass zu geringe Mietaufwendungen, die im Rahmen einer vGA bei einem Gesellschafter zusätzlich versteuert wurden, als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können, sofern diese Mietaufwendungen speziell für behinderungsbedingten Mehraufwand entstanden sind.

Sachlage im Streitfall

Die verheirateten Kläger sind Eltern eines schwerbehinderten Kindes, wodurch ein behinderungsgerechter Umbau ihrer Wohnung erforderlich wurde. 

Der Kläger ist Geschäftsführer und zugleich zu 94 % Gesellschafter einer GmbH, die Eigentümerin des von der Familie bewohnten Grundstücks ist. Die GmbH ließ daher für den Sohn der Kläger auf eigene Kosten einen barrierefreien Verbindungsbau mit Pflegebad zwischen zwei bestehenden Gebäuden errichten. 

In der Folge erhöhte die GmbH die Miete. Die Kläger machten die hierdurch entstandene Mehrmiete als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das Finanzamt (FA) erkannte die behinderungsbedingte Mehrmiete nicht vollständig als außergewöhnliche Belastung an, sondern berücksichtigte lediglich den seines Erachtens angemessenen Teil. 

Die zusätzlich als vGA berücksichtigte ersparte Miete für die unentgeltliche Nutzung eines Gebäudeteils setzte es nicht an.

Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Auffassung des FA. Der BFH sah die Revision als teilweise begründet an und hob die Entscheidung auf.

Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn dem Steuerpflichtigen außergewöhnliche Belastungen, d.h. zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, entstehen. 

Zwangsläufig sind Aufwendungen gem. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und sie den Umständen nach notwendig sowie angemessen sind.

Auch Mehraufwendungen für den behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung können außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG darstellen. 

Diese Aufwendungen sind nicht durch Freibeträge nach § 32, § 32a oder § 33b EStG abgegolten. Die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds erwächst regelmäßig aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, da eine Behinderung eine objektive Zwangslage begründet, die entsprechende bauliche Maßnahmen erforderlich macht. 

Die Notwendigkeit der Aufwendungen beruht somit nicht auf einer frei gewählten Wohnsituation, sondern unmittelbar auf der Krankheit oder Behinderung der betroffenen Person.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Nach Auffassung des BFH können ersparte Mietaufwendungen, die beim Gesellschafter bereits als vGA berücksichtigt wurden, insoweit als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG berücksichtigt werden, als sie behinderungsbedingten Mehraufwand darstellen.

Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen ist auf die angemessenen behinderungsbedingten Mehrkosten beschränkt. Was als angemessen gilt, ist im Einzelfall zu schätzen. 

Insofern besteht eine Bandbreite dessen, welche Kosten noch als angemessen angesehen werden können. Erst wenn die Aufwendungen den oberen Rand dieser Bandbreite überschreiten, sind sie nicht mehr zwangsläufig i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG.

Dies zugrunde gelegt, ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein anteiliger, fiktiver Abzug der vGA als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen ist. Vielmehr begründet die vGA durch die ersparten Mietaufwendungen ausnahmsweise abzugsfähigen Aufwand, der im Rahmen des § 33 EStG vollständig zu berücksichtigen ist. 

Auch eine Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG scheidet aus, da es sich weder um Betriebsausgaben noch um Werbungskosten handelt.

Praxishinweis

Der BFH stellt in seiner Entscheidung klar, dass bei einem behinderungs- und krankheitsbedingten Umbau einer privaten Wohnung die Angemessenheit der Umbaukosten nicht eindeutig festgestellt werden kann. Er geht vielmehr von einer Bandbreite aus, im Rahmen derer ein Abzug der Kosten als angemessen und abzugsfähig anzusehen ist. 

Nur die oberste Bandbreite an Kosten ist somit nicht mehr als angemessen anzusehen. Um erfolgreich Kosten steuerlich geltend zu machen, ist die günstigste Lösung somit nicht erforderlich.

BFH, Urt. v. 17.06.2025 - VI R 15/23

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