Wann können Arbeitnehmer berufliche Fahrten nach Reisekostengrundsätzen und wann lediglich mit der Entfernungspauschale geltend machen? Der BFH hat klargestellt, dass ein Leiharbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte bei einem unbefristeten Leiharbeitsverhältnis regelmäßig nicht beim Entleiher hat. Bei Arbeitnehmerüberlassung ist allein auf die Zuordnungsentscheidung des Verleihers abzustellen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 17.06.2025 (VI R 22/23) die Grundsätze zur ersten Tätigkeitsstätte eines Leiharbeitnehmers weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
K war bei der Zeitarbeitsfirma Z nach einer anfänglichen Befristung unbefristet angestellt. Dabei war K im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung bei verschiedenen Entleihfirmen jeweils vorübergehend tätig. Nach dem Ausscheiden bei Z war K bei der Entleiherin E fest angestellt.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob K die Fahrten zu seiner Tätigkeitsstätte als Reisekosten ansetzen konnte.
Das Finanzgericht ging lediglich von der Entfernungspauschale aus und wies die Klage daher ab. Der BFH sah die Revision des K als begründet an.
Begründung im Besprechungsfall
Die Zuordnung zu einer - für die erste Tätigkeitsstätte erforderlichen - Einrichtung wird durch die vertraglichen Regelungen sowie Absprachen und Weisungen, die diese Regelungen konkretisiert, bestimmt.
Im Fall der Arbeitnehmerüberlassung ist ausschließlich auf die Zuordnungsentscheidung des Verleihers abzustellen, also ausschließlich auf die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zwischen dem Verleiher und dem (Leih-)Arbeitnehmer.
Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.
Bei einem Leiharbeitsverhältnis kommt eine unbefristete Zuordnung auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes regelmäßig nicht in Betracht.
Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sahen die jeweiligen Überlassungsverträge zwischen Z und den Entleihern einschließlich E stets nur eine vorübergehende Überlassung des K vor.
Weil auch keine Tatsachen festgestellt wurden, dass Z den K der E ungeachtet des gesetzlichen Verbots unbefristet überlassen und damit unbefristet deren Tätigkeitsstätte R zugeordnet hat, liegt keine dauerhafte Zuordnung vor.
Eine Zuordnung des K an die Tätigkeitsstätte R für mehr als 48 Monate lag im Zeitpunkt der Entfristung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls nicht vor. Damit liegt auch keine erste Tätigkeitsstätte des K vor, so dass es sich für ihn um Reisekosten handelte.
Praxishinweis
Der BFH hat nun klargestellt, dass bei einem unbefristeten Leiharbeitsverhältnis eine dauerhafte Zuordnung des Leiharbeitnehmers zu einer ersten Tätigkeitsstätte beim Entleiher regelmäßig nicht vorliegt.
BFH, Urt. v. 17.06.2025 - VI R 22/23