Steuerrechtlich sind Grenzgänger Personen, die in einem Staat arbeiten und in einem anderen wohnen. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit der Schweiz entfällt die Grenzgängereigenschaft, wenn die Person an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund der Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Der BFH hat entschieden, dass sich diese Anzahl an Tagen bei einer Erkrankung nicht reduziert.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 19.09.2025 (VI B 3/25) entschieden, dass die nach der Grenzgängerregelung in dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und der Schweiz vereinbarten Nichtrückkehrtage nicht anteilig aufgrund einer Erkrankung zu kürzen sind.
Das Besteuerungsrecht für das Gehalt obliegt somit dem Ansässigkeitsstaat, wenn der Arbeitnehmer an weniger als 60 Tagen im Kalenderjahr aufgrund seiner Tätigkeit nicht zu seinem Wohnsitz zurückkehrt.
Sachlage im Streitfall
Der Kläger hat in Deutschland seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt und unterlag somit der unbeschränkten Steuerpflicht. Zur Arbeitsausübung pendelte er im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses regelmäßig in die Schweiz.
Das Besteuerungsrecht für die Arbeitsausübung lag dabei in der Vergangenheit beim Staat, in dem die Arbeit überwiegend ausgeübt wurde, also in der Schweiz.
Aufgrund eines längeren krankheitsbedingten Ausfalls konnte der Kläger im Streitjahr seine Tätigkeit jedoch nicht dauerhaft ausüben. Daher hielt er sich nicht an mehr als 60 Tagen in der Schweiz auf, an denen er nicht zu seinem Wohnsitz nach Deutschland zurückkehrte.
Das Finanzamt ging im Folgenden davon aus, dass das Besteuerungsrecht für das gesamte Gehalt in Deutschland liegt.
Hiergegen wendete sich der Kläger im Einspruchs- und Klageverfahren, blieb jedoch ohne Erfolg. Der BFH wies die Beschwerde des Klägers als unbegründet zurück und folgte somit der Entscheidung des Finanzgerichts.
Grenzgängerregelung nach dem DBA-Schweiz
Die Zuweisung des Besteuerungsrechts auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfolgt grundsätzlich über Art. 15 DBA-Schweiz. Dabei gehört das Besteuerungsrecht für die Tage, an denen der Steuerpflichtige seine Tätigkeit in seinem Ansässigkeitsstaat ausübt, dem Ansässigkeitsstaat.
Nach Art. 15a DBA-Schweiz sind Gehälter und Löhne von Grenzgängern in dem Staat zu besteuern, in dem der jeweilige Steuerpflichtige ansässig ist, auch wenn die Arbeit in dem anderen Staat ausgeübt wird.
Grenzgänger ist jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt.
Kehrt der Grenzgänger nicht nach Arbeitsausübung regelmäßig zurück, obliegt das Besteuerungsrecht für das Gehalt dem Tätigkeitsstaat.
Von einer regelmäßigen Rückkehr wird nicht mehr ausgegangen, sofern der Arbeitnehmer an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund der Arbeitsausübung nicht an den Wohnsitz zurückkehrt.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Der BFH sieht die im Streitfall aufgeworfene Rechtsfrage bereits als geklärt an und wies daher die Revision gegen die Entscheidung zurück.
Als Tage der Nichtrückkehr sind nur diese Tage zu berücksichtigen, an denen der Steuerpflichtige aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt. Unerheblich sind private Nichtrückkehrgründe, wie eine Krankheit oder Urlaub.
Eine Kürzung der Nichtrückkehrtage ist nur bei einer Teilzeitanstellung oder unterjährigem/r Tätigkeitsbeginn oder -beendigung vorgesehen.
Die Kürzung der Grenze von 60 Nichtrückkehrtagen im Streitfall war somit nicht vorgesehen. In den Vorjahren oblag das Besteuerungsrecht für das Gehalt der Schweiz, da der Kläger an mehr als 60 Tagen berufsbedingt nicht zur Arbeit zurückkehrte.
Diese Grenze von 60 Tagen überschritt der Kläger aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit nicht, so dass das Besteuerungsrecht für das Gehalt des Klägers an den Wohnsitzstaat Deutschland zurückfiel.
Praxishinweis
Die Grenzgängerregelung nach dem DBA zwischen Deutschland und der Schweiz hat in der Vergangenheit viele Streitigkeiten hervorgerufen.
Der BFH hat in der Vergangenheit die Grenze von 60 Nichtrückkehrtagen in vielen Fällen bestätigt, so dass eine Kürzung dieser Grenze nur bei einer Teilzeittätigkeit oder unterjährigem Tätigkeitsbeginn vorgesehen ist.
BFH, Beschl. v. 19.09.2025 - VI B 3/25