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Einkommensteuer -

GmbH-Anteil als Sonderbetriebsvermögen?

Wann sind Beteiligungen an Kapitalgesellschaften dem Sonderbetriebsvermögen II des Mitunternehmers zuzuordnen? Der BFH hat entschieden: Abgesehen von der Geschäftsbeziehung zur Mitunternehmerschaft ist von Bedeutung, ob eine GmbH einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält. Zudem klärte der BFH die Folgen für eine Ladungsfrist zur mündlichen Verhandlung, wenn ein Termin verschoben wird.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 19.12.2019 (IV R 53/16) seine Grundsätze zu der Frage, wann eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers zählt, bestätigt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

D war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die mit Draht- und Stahlerzeugnissen handelt. Später gründete D zusammen mit E eine GmbH & Co. KG, beiden waren zu je 50% Kommanditisten. D war zugleich alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der KG. Gegenstand der KG war die Produktion von Drahterzeugnissen (Drahtzieherei).

E hatte früher eine Drahtzieherei als Einzelunternehmer betrieben, dessen Anlagevermögen E in die KG einbrachte. D verfügte wegen seiner Beteiligung an der GmbH über Kontakte auf dem Einkaufsmarkt für die Drahtproduktion. Die GmbH gewährte der KG ein Darlehen über 250.000 €.

Die KG bezog die für ihre Produktion erforderlichen Rohstoffe, sog. Vormaterialien, ausschließlich von der GmbH, die insoweit keine weiteren Abnehmer hatte. Die GmbH belieferte zudem auch andere Kunden als die KG mit Stahl- und Drahterzeugnissen. Im Streitjahr hatte die GmbH insgesamt rund 100 Debitoren.

Die KG bezog von der GmbH Vormaterialien für einige Millionen Euro. Diese Lieferungen machten in den Streitjahren 26,1 %, 45,7 % und 63,4 % der gesamten Lieferungen der GmbH aus. Später wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet, dem folgte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH.

Der vorläufige Insolvenzverwalter wies in seinem Bericht darauf hin, dass die wirtschaftliche Entwicklung der GmbH und der KG seit einigen Jahren untrennbar miteinander zusammengehangen habe. Anschließend wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG wieder aufgehoben. D erklärte die aus den GmbH-Anteilen erzielten Kapitalerträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Den Verlust seiner Einlage machte er bei seiner Einkommensteuererklärung gem. § 17 EStG geltend. In den Steuerbilanzen der KG wurde die Beteiligung nicht als Sonderbetriebsvermögen des D ausgewiesen. D machte bei dem Finanzamt (FA) Sonderbetriebsausgaben u.a. für den Ausfall eines der GmbH gewährten Darlehens geltend. Das FA folgte dem nicht. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH folgte dem.

Die Beteiligung an der GmbH als Sonderbetriebsvermögen

Notwendiges Sonderbetriebsvermögen II ist anzunehmen, wenn die Wirtschaftsgüter, die dem Mitunternehmer gehören, zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung an der Mitunternehmerschaft eingesetzt werden. Ein solches Wirtschaftsgut kann auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sein.

Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann die Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft sowohl dadurch stärken, dass sie für das Unternehmen der Personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist, als auch dadurch, dass sie der Mitunternehmerstellung selbst dient, weil durch die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft der Einfluss des Gesellschafters in der Personengesellschaft steigt bzw. gestärkt wird. Vorliegend beruft sich D auf die intensive Geschäftsbeziehung zwischen der GmbH und der KG.

Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Unternehmen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft muss für die Annahme von Sonderbetriebsvermögen II so beschaffen sein, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in erster Linie im geschäftlichen Interesse der Personengesellschaft gehalten wird und der Gesichtspunkt der privaten Vermögensanlage des Gesellschafters und Anteilsinhabers daneben keine bedeutende Rolle spielt.

Dies ist der Fall, wenn die Kapitalgesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion der Personengesellschaft erfüllt und sie damit in den Dienst der Personengesellschaft gestellt wird, oder wenn die Kapitalgesellschaft wie eine unselbständige Betriebsabteilung der Personengesellschaft tätig wird, z.B. wenn die Personengesellschaft von der Kapitalgesellschaft abhängig ist, weil sie beispielsweise nur deren Waren vertreiben darf.

Auch wenn sich der Geschäftsgegenstand der Kapitalgesellschaft darauf beschränkt, der Personengesellschaft in erheblichem Umfang Kapital durch Leistung der Einlage zur Verfügung zu stellen, sind die Voraussetzungen für notwendiges Sonderbetriebsvermögen II erfüllt.

Dies ist jedoch anders bei Geschäftsbeziehungen zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft, die üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen, selbst wenn sie besonders intensiv sind.

Nur wenn zu einer engen wirtschaftlichen Verflechtung hinzutritt, dass der Mitunternehmer -ggf. zusammen mit anderen Mitunternehmern- die Kapitalgesellschaft beherrscht, und die Kapitalgesellschaft darüber hinaus neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur Personengesellschaft keinen anderen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält, kann notwendiges Sonderbetriebsvermögen unter dem Aspekt intensiver Geschäftsbeziehungen angenommen werden.

Unterhält die Kapitalgesellschaft neben ihren geschäftlichen Beziehungen zu der Personengesellschaft einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb, ist grundsätzlich von einer Gleichrangigkeit der beiden Gesellschaften und damit auch der Interessenbereiche der daran beteiligten Gesellschafter auszugehen, wenn nicht die Geschäftsbeziehungen sogar auf eine Förderung der Interessen der Kapitalgesellschaft durch die Personengesellschaft hinauslaufen.

Die Kriterien für die Zuordnung einer Kapitalbeteiligung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II unterscheiden sich von denen für die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen.

Entscheidung im Besprechungsfall

Ist ein Einzelunternehmer Inhaber von GmbH-Anteilen, gehören die Anteile zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dazu bestimmt sind, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dienen, den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen des Steuerpflichtigen zu gewährleisten.

Betrifft die Geschäftsbeziehung nicht den Absatz der im Betrieb des Anteilseigners erstellten Leistungen oder Produkte, sondern Leistungen, die der Betrieb des Anteilseigners zur Erstellung seiner Produkte von der Kapitalgesellschaft bezieht, liegen die Voraussetzungen der ersten Alternative („entscheidende Förderung“) dann vor, wenn der Steuerpflichtige seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Wohle seines Einzelgewerbebetriebs einsetzt.

Dies ist regelmäßig dann gegeben, wenn zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Betrieb des Anteilseigners eine intensive und nachhaltige Geschäftsbeziehung besteht, die sich für den Gewerbebetrieb als erheblich vorteilhaft erweist, und dieser Vorteil seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat.

Dazu bedarf es aber weder einer rechtlichen noch faktischen Beherrschung der Kapitalgesellschaft durch den Anteilseigner. Ebenso wenig ist die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen davon abhängig zu machen, ob die Kapitalgesellschaft keinen über die Geschäftsbeziehung zum Einzelgewerbetreibenden hinausgehenden erheblichen Geschäftsbetrieb unterhält.

Die Unterscheidung der Voraussetzungen für notwendiges Betriebsvermögen und notwendiges Sonderbetriebsvermögen II folgt aus den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen. Während für die Bestimmung des Umfangs des notwendigen Betriebsvermögens auf § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG zurückgegriffen werden kann, gilt dies nicht für Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Mitunternehmers stehen und nicht der Mitunternehmerschaft zur Nutzung überlassen werden.

Diese sind Bestandteil des steuerlichen Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft. Nach diesen Maßstäben gehört die Beteiligung des D an der GmbH nicht zu seinem Sonderbetriebsvermögen bei der KG.

Der erhebliche eigene Geschäftsbetrieb der GmbH steht der Annahme ihrer Unterordnung gegenüber der KG und damit der Zuordnung der Anteile des D an der GmbH zu seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II entgegen.

Zwar war die Geschäftsverbindung zwischen der KG und der GmbH eng und aus der Perspektive der GmbH von einem hohen Umsatzanteil der KG geprägt. Allerdings war nicht nur die Anzahl der weiteren Geschäftspartner neben der KG mit über 100 sehr hoch, sondern auch der Umsatz der GmbH mit diesen anderen Geschäftspartnern war erheblich und machte im Streitjahr 36,6 % des Gesamtumsatzes aus.

Auch bestand keine geringere Gewinnmarge der GmbH bei Verkäufen an die KG im Verhältnis zu Gewinnmargen bei Umsätzen mit anderen Geschäftspartnern. Denn zum einen fehlt es bereits an einer Vergleichbarkeit der Gewinnmargen für Geschäfte der GmbH mit der KG und der Margen für Geschäfte mit anderen Geschäftspartnern, weil die GmbH an die KG nur Vormaterialien für die Weiterverarbeitung geliefert hat, während andere Abnehmer Endprodukte erhielten.

Zum anderen war die Gewinnmarge nicht so gering, dass die KG den Gewinn der GmbH dadurch „abgesaugt“ und damit die Tätigkeit der GmbH letztlich nur dem Interesse der KG gedient hätte. Die Beteiligung des D an der GmbH ist auch nicht in den Steuerbilanzen als Sonderbetriebsvermögen des D ausgewiesen worden, vielmehr hat D die Kapitalerträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt und den Verlust der Einlage als Verlust i.S.d. § 17 EStG geltend gemacht.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine bisherigen Grundsätze zur Zugehörigkeit einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft bestätigt: Für die Zuordnung eines GmbH-Anteils eines Mitunternehmers zum Sonderbetriebsvermögen II seiner Mitunternehmerschaft ist es von Bedeutung, ob die GmbH abgesehen von der Geschäftsbeziehung zu der Mitunternehmerschaft einen erheblichen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält. Dies entspricht den bisherigen Urteilen.

Zudem hat der BFH noch eine verfahrensrechtliche Frage grundlegend entschieden: Die vierwöchige Ladungsfrist zur mündlichen Verhandlung vor dem BFH beginnt nicht erneut zu laufen, wenn ein Termin auf einen späteren Tag verlegt wird.

Die Entscheidung des BFH ist für beide Themenkomplexe in der Praxis relevant.

BFH, Urt. v. 19.12.2019 - IV R 53/16

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht