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Einkommensteuer -

Steuererklärung: Wann ist die elektronische Übermittlung unzumutbar?

Wann besteht die Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärung? Wann kann sie in Papierform abgegeben werden? Der BFH hat klargestellt: Die Abgabe der Einkommensteuererklärung mittels Datenfernübertragung kann wirtschaftlich unzumutbar sein, wenn der finanzielle Aufwand für die Datenfernübertragungsmöglichkeit in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften steht.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 16.06.2020 (VIII R 29/17) entschieden, dass eine elektronische Übermittlung der Einkommensteuererklärung gem. § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG unzumutbar sein kann, wenn die Einrichtung der dafür benötigten Mittel einen unzumutbaren Aufwand darstellt.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger war ein Steuerberater, welcher ohne Mitarbeiter aus seiner Privatwohnung seiner Tätigkeit nachging. Der Steuerberater erzielte aus seiner selbständigen Tätigkeit ausschließlich Verluste. Zudem war er als Zeitungsausträger tätig und erzielte zusätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Für den Veranlagungszeitraum 2015 stellte der Steuerberater einen Antrag gem. § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO, die Steuererklärung weiterhin in Papierform abgeben zu dürfen, da er nicht über die entsprechende Hardware und auch über keinen Internetanschluss verfügt.

Das Finanzamt (FA) lehnte diesen Antrag ab. Auch der gegen die Ablehnung eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Nach zunächst erfolgreicher Klage vor dem Finanzgericht (FG) hob der BFH das Urteil des FG jedoch auf und verwies die Klage zur weiteren Ermittlung an das FG zurück.

Unzumutbarkeit der elektronischen Übermittlung

Gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG sind Steuerpflichtige dazu verpflichtet, Finanzbehörden ihre Steuererklärung elektronisch zu übermitteln, wenn sie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder selbständige Einkünfte erzielen.

Die Finanzbehörde kann jedoch gem. § 46 Abs. 2 Nr. 2–8 EStG auf die elektronische Übermittlung verzichten, wenn dies zu einer „unbilligen Härte“ führen würden. Diese Regelung wird gem. § 150 Abs. 8 AO dahingehend ergänzt, dass eine unbillige Härte insbesondere darin besteht, wenn die elektronische Abgabe wirtschaftlich oder persönlich nicht zumutbar ist.

Nach der Auffassung des BFH stehen im Streitfall die Kosten für die Schaffung der technischen Voraussetzungen in keinem sinnvollen Verhältnis mehr zu den aus der Tätigkeit erzielten Einkünften. Durch § 150 Abs. 8 AO wurde bewusst eine großzügige finanzielle Ausnahmeregelung geschaffen, die für Kleinstbetriebe wie im Streitfall gilt.

Praxishinweis

Nach dem o.g. Urteil des BFH sowie einem zeitgleich ergangenen BFH-Urteil (VIII R 29/19) ist die Vorschrift gem. § 150 Abs. 8 AO großzügig auszulegen und geht der spezialgesetzlichen Regelung gem. § 25 Abs. 4 EStG vor.

Nach diesen Urteilen dürfte es insbesondere fraglich sein, ob für kleinere gewerbliche Betriebe, wie z.B. Photovoltaikanlagen, in jedem Fall eine elektronische Abgabe erforderlich ist. Steuerpflichtige sollten mit Verweis auf diese Urteile einen Antrag auf Abgabe der Steuererklärung in Papierform stellen, um Konflikten mit dem FA vorzubeugen.

BFH, Urt. v. 16.06.2020 - VIII R 29/17

Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH)