Steuerberatung -

Keine Quellensteueranrechnung ohne Einkünfte über dem Sparerfreibetrag

Überschreiten die Einkünfte aus Kapitalvermögen insgesamt nicht den Sparerfreibetrag, können Steuern auf im Ausland erzielte Kapitalerträge nicht angerechnet werden.

 

Die tatsächliche einbehaltene Quellensteuer auf Auslandsdividenden oder die fiktive Abgabe auf einige Länderanleihen kann nur von der eigenen Steuerschuld abgezogen werden, wenn auch entsprechende Kapitaleinkünfte vorliegen.

Die unterschiedliche Behandlung von inländischen und ausländischen Kapitalerträgen – keine Anrechnung ausländischer Quellensteuer aber Vollanrechnung der inländischen Kapitalertragsteuer – verstößt nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Denn die Anrechnungsregelung nach § 36 EStG ist nur eine besondere Erhebungsform der deutschen Einkommensteuer, so das FG Hamburg vom 14.03.2006 (VI 373/03).

 

Zahlreiche DBA sehen bei Zinseinkünften, die in Deutschland ansässige Anleger aus den betreffenden Vertragsstaaten beziehen, auch dann eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern vor, wenn diese effektiv nicht erhoben worden sind. Die Anrechnung dieser fiktiven Quellensteuer ist nach § 34c Abs. 6 S. 2 EStG über § 34c Abs. 1 EStG in der Weise zu ermitteln, dass die sich ergebende deutsche Steuer im Verhältnis der ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte geteilt wird. Zu den in diese Berechnung einzubeziehenden ausländischen Einkünften gehören nach § 34d Nr. 6 EStG auch Werbungskosten und der Sparer-Freibetrag. Die nach § 20 EStG zu versteuernden Einkünfte sind also um den Freibetrag gemindert und gehen lediglich in diesem geminderten Umfang in die maßgebliche Bemessungsgrundlage der Einkünfte aus Kapitalvermögen ein.

Danach ist der Freibetrag sowohl den in- als auch den ausländischen Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen. Deshalb entfallen die Steuerpflicht und damit auch die Anrechnung in vollem Umfang, wenn diese Einkünfte den Freibetrag insgesamt nicht überschreiten. Daraus folgt, dass sich der Freibetrag anteilig auf die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages nach Maßgabe von § 34c Abs. 1 EStG auswirkt. Eine Zuordnung des Freibetrages allein auf die inländischen Kapitaleinkünfte zu Lasten der ausländischen Einkünfte wäre angesichts des Umstandes, dass dieser Betrag sich einerseits nur auf die Einkünfte i.S. von § 20 EStG , andererseits aber auf jegliche Einkünfte in diesem Sinne bezieht, gleichwohl nicht gerechtfertigt. Ausschlaggebend ist, dass der Freibetrag Teil der Bemessungsgrundlage für die hierauf entfallende deutsche Steuer ist.

Somit kommt eine Anrechnung nicht in Betracht, wenn durch den Sparerfreibetrag keine deutsche Einkommensteuer angefallen ist, auf die ausländische Steuer angerechnet werden könnte. Soweit die unterschiedliche Behandlung von inländischen und ausländischen Kapitalerträgen (keine Anrechnung der ausländischen Quellensteuer bei Einkünften aus Kapitalvermögen unterhalb des Sparer-Freibetrages, aber in jedem Fall Anrechnung der inländischen Kapitalertragsteuer) die Frage aufwirft, inwieweit hierdurch die Freiheit des Kapitalverkehrs nach Art. 56 Abs. 1 EG-Vertrag betroffen sein könnte, ist dem entgegenzuhalten, dass die Anrechnungsregelung nach § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer ist.

Da über die Höhe der Einkommensteuerschuld endgültig erst im Veranlagungsverfahren entschieden wird, besteht ein Anspruch auf Anrechnung aller für seine Rechnung bereits an den Fiskus geleisteten Zahlungen, auch wenn die Einkommensteuer auf 0 Euro festgesetzt wird. Dies lässt sich auf ausländische Quellensteuer nicht übertragen, denn sie betrifft nicht deutsche Einkommensteuer. Eine Anrechnung ausländischer Quellensteuer kann für den deutschen Fiskus allein zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung in Betracht kommen. Wenn die ausländischen Einnahmen aber unter dem Sparerfreibetrag liegen, kommt es hierzu gerade nicht.

Die Vergünstigung der Anrechnung bestimmter fiktiver Beträge wirkt sich daher nur für diejenigen Anleger aus, die steuerpflichtige Auslandseinkünfte haben. Dies ist im Rahmen zulässiger gesetzlicher Typisierung hinzunehmen. Denn insoweit steht dem Gesetzgeber im Rahmen begünstigender Regelungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu.

Hinweis: Im Falle von Auslandsdividenden kann in diesem Fall ein Abzug der Quellensteuer wie Werbungskosten nach § 34c Abs. 2 EStG beantragt werden. Diese Option ist aber bei fiktiven Anleihen ausgeschlossen. Sparer sollten sich vor dem Kauf solcher begünstigten Rentenwerte also darüber im Klaren sein, ob sie die Steuerermäßigung auf Grund ihrer Einkunftssituation überhaupt ausnutzen können.

Der steuerliche Hintergrund

Quellensteuer, fiktiv
Angesichts der derzeit mageren Zinssätze bei Anleihen mit guter Schuldnerbonität schauen sich immer mehr Anleger nach renditestarken Alternativen um. Neben Rentenpapieren mit schlechtem Rating des Emittenten kommen für konservative und auch spekulative Sparer mit hoher Steuerprogression Anleihen mit fiktivem Steuerabzug in Betracht. Hier kann eine Quellensteuer pauschal von der eigenen Steuerschuld abgezogen werden darf, obwohl sie überhaupt nicht anfällt. Dieser fiktive Abzug gelingt mit einer Reihe von Länderanleihen. Doch der Markt trocknet langsam aus. Zuerst fiel Argentinien wegen Zahlungsunfähigkeit aus der Liste der Anbieter heraus, bei einigen anderen Staaten ist die steuerliche Vergünstigung nur noch befristet erlaubt. Zuletzt hatte die Bundesregierung das DBA mit Brasilien zum 31.12.2005 gekündigt, die Anrechnung ist daher nur noch bis Ende 2006 möglich (BMF 6.1.2006. IV B 3 - S 1301 - BRA - 77/05).

Die Anrechnung fiktiver ausländischer Steuerbeträge gilt für eine Reihe von Entwicklungsländern – aber auch für Portugal, die Türkei, Brasilien oder Griechenland – um die Geldanlage in diesem Land für einen deutschen Investor attraktiver zu machen. Die Voraussetzungen für den Abzug der fiktiven Steuer sind in den einzelnen DBA unterschiedlich geregelt. Bei Anleihen aus solchen Ländern werden zwischen 10 und 20% der Zinsen als fiktive Abgabe mit der eigenen Steuerschuld verrechnet, obwohl sie gar nicht anfällt, Anleger also auch nicht belastet werden. Das Finanzamt berücksichtigt somit einen Fiktivbetrag genauso wie die tatsächlich einbehaltene Quellensteuer auf Dividenden. Dabei ist das Risiko zumeist auf die Bonität des Staates begrenzt, da diese Papiere in Euro und an heimischen Börsen notieren. Durch den Steuervorteil erhalten Anleger dann vom Finanzamt faktisch einen Renditezuschuss.

Anlage-Hinweis: Kaufinteressierte Sparer sollten jedoch drei Dinge beachten, die bei fiktiven Anleihen eine wichtige Rolle spielen:

  1. Die Banken offerieren diese Bonuspapiere eher ungern und erst auf hartnäckige Nachfragen. Ihre Vorsicht begründet sich mit der Zahlungseinstellung bei Argentinien-Bonds; auch ein Land mit fiktiver Anrechnungsmöglichkeit. Hier warten deutsche Sparer schon seit drei Jahren vergeblich auf Zinszahlungen.
  2. Die eigene Suche nach fiktiven Papieren, etwa über Internet, funktioniert eher mühselig über die entsprechende Länderauswahl. Aber die Online-Recherche oder die Anfrage bei der Hausbank lohnt sich, denn im Ergebnis kommt ein saftiger Steuerbonus heraus.
  3. Die Liquidität an der Börse ist nicht bei allen Papieren hoch. Viele Internetportale weisen zu den einzelnen Anleihen die Umsatzhäufigkeit aus. Diese sollten Anleger vor einer Kaufentscheidung beachten. Bei Papieren ohne oder mit dünnem Umsatz drohen bei unlimitierten Kauforders Zufallskurse.

Ausländische Steuern, die der deutschen Einkommensteuer entsprechen, können nach § 34c EStG auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden. In welcher Höhe diese Anrechnung dem Grunde nach möglich ist, wird im jeweiligen DBA geregelt. Bei den Kapitaleinnahmen sind es in der Regel 15%. Übersteigt die einbehaltene Quellensteuer den zulässigen Grenzwert, muss der Anleger die Erstattung des übersteigenden Betrags im ausländischen Staat beantragen.

Diese Vorgehensweise bezieht sich auf die tatsächlich gezahlte ausländische Quellensteuer. In verschiedenen DBA ist allerdings auch die Anrechnung einer fiktiven Steuer zugelassen. Der Anleger kann in diesem Fall den im DBA genannten Steuersatz auf seine inländische Steuer anrechnen, obwohl er im ausländischen Staat keine Quellensteuer entrichtet hat. Die Voraussetzungen für die Anrechnung fiktiver Quellensteuern sind in den einzelnen DBA unterschiedlich geregelt. In den derzeit bestehenden Abkommen sind bei den Vorschriften zur Anrechnung fiktiver Quellensteuer im Wesentlichen drei Fallgruppen zu unterscheiden:

Checkliste der Länder mit Fiktiver Steuer laut DBA

  • Wirtschaftliche Entwicklung: Die Anrechnung hängt davon ab, dass das Land zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Quellensteuer bei Zinseinnahmen verzichtet. Der Nachweis erfolgt in der Regel über die Bank, die mit der Emission betraut war. Näheres ergibt sich aus dem BMF-Schreiben vom 12.5.1998, BStBl I, 554. Dies gilt beispielsweise bei der Elfenbeinküste, Griechenland, Israel, Jamaika, Kenia, Malta, Tunesien, Türkei, Venezuela oder Zypern.
  • Begrenzung: Liegt der Höchststeuersatz im Auslandsstaat unter den Anrechnungshöchstsatz, darf maximal der nationale Satz fiktiv angerechnet werden. Der stellt die Obergrenze der fiktiven Anrechnung dar. In der Regel ist der ausländische allgemeine Steuersatz höher als der angegebene fiktive Quellensteuersatz.
  • Keine Einschränkung: Bei einigen Ländern ist keine besondere Voraussetzung nötig, hier wird auf Zinsen stets der laut DBA festgelegte fiktive Betrag angerechnet. Die aus Anlegersicht wichtigsten sind nachfolgend aufgeführt.

Der Auszug ist dem Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern“, Seite 328 entnommen

Quelle: Kapitalanlage und Steuern - vom 03.08.06