Steuerberatung -

Nach sechs Monaten ist eine Untätigkeitsklage nicht zwangsläufig zulässig

Gemäß § 46 Abs. 1 FGO ist eine Klage ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Zeit sachlich nicht entschieden worden ist.

Die Klage kann grundsätzlich nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FGO).

Nach der gesetzlichen Intention steht dem Finanzamt regelmäßig eine Bearbeitungszeit für den Einspruch von sechs Monaten zu. Jedoch verliert die Tatbestandsvoraussetzung "in angemessener Zeit" durch diese (Regel-)Sperrfrist auch nach Ablauf von sechs Monaten nicht ihre Bedeutung.

Das Finanzgericht hat deshalb auch nach Ablauf von sechs Monaten zu prüfen, ob eine Untätigkeitsklage zulässig ist. Es hat dabei nach den gesamten Umständen des Falles zu beurteilen, ob eine Bearbeitungszeit, die über sechs Monate hinausreicht, noch "angemessen" ist. Dabei sind auf der einen Seite der Umfang und die rechtlichen Schwierigkeiten des Falles und auf der anderen Seite das Interesse des Rechtsbehelfsführers an baldiger Entscheidung gegeneinander abzuwägen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei den in § 46 Abs. 1 FGO angeführten Tatbestandsvoraussetzungen nicht um Zugangsvoraussetzungen mit der Folge, dass bei ihrem Nichtvorliegen von einer unheilbar unzulässigen Klage auszugehen ist; vielmehr handelt es sich hierbei um Sachentscheidungsvoraussetzungen, die erst im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erfüllt sein müssen. Demzufolge hat der BFH in ständiger Rechtsprechung angenommen, auch eine Untätigkeitsklage könne in die Zulässigkeit „hineinwachsen“.

Weist das Finanzgericht gleichwohl eine Untätigkeitsklage als unzulässig ab, so hat es in der Urteilsbegründung seine leitenden Ermessenserwägungen offen zu legen.

Beschluss des BFH vom 07.03.2006 (VI B78/04)

Quelle: BFH - Beschluss vom 07.03.06