Steuerberatung -

Steuerpflichtige Zinsen aus vor 2005 abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen

Erträge aus Altverträgen zählen zu den Kapitaleinnahmen, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt sind. Das kann beispielsweise für Darlehenspolicen gelten.

Erträge aus seit dem 01.01.2006 abgeschlossenen Lebensversicherungen gehören bekanntlich unabhängig von der Laufzeit zumindest zur Hälfte zu den Kapitaleinnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Bei zuvor unterschriebenen Verträgen kommt es trotz zwölfjähriger Laufzeit zur Steuerpflicht der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F., wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt sind.

Nach § 10 Abs. 2 EStG sind Versicherungsbeiträge nicht absetzbar, wenn die Ansprüche aus dem Vertrag der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten sind. Eine Ausnahme besteht, wenn der Kredit ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes dient, das keine Forderung ist.

Zwei aktuelle Urteile des FG sowie des BFH kommen zur schädlichen Verwendung einer Altpolice in zwei unterschiedlichen Fälllen von Kreditabsicherungen.

Bei vor 2006 unterschriebenen Verträgen kommt es trotz zwölfjähriger Laufzeit zur Steuerpflicht der rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F., wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt sind. Nach § 10 Abs. 2 EStG sind Versicherungsbeiträge nicht absetzbar, wenn die Ansprüche aus dem Vertrag der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten sind. Eine Ausnahme besteht, wenn der Kredit ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes dient, das keine Forderung ist. Nach zwei aktuellen Urteilen sind daher die Beiträge in zwei Konstellationen nicht abzugsfähig, so dass es zur Steuerpflicht der Kapitallebensversicherung kommt:

  • Der Erwerb von Aktienfonds unter Einsatz einer Lebensversicherung ist steuerschädlich, da Investmentfonds nicht zu den nach § 10 Abs. 2 EStG privilegierten Wirtschaftsgütern gehören (FG Köln vom 24.11.2005 - 10 K 1364/02, Revision beim BFH unter Az. VIII R 1/06).
  • Die Darlehenssumme übersteigt die Anschaffungskosten eines erworbenen Mietshauses (BFH vom 12.10.2005 - VIII R 19/04; BFH/NV 2006, 288).


    Aktienfonds stellen zumindest teilweise eine schädliche Forderung dar

Nach § 10 Abs. 2 EStG sind Versicherungsbeiträge unter anderem nicht absetzbar, wenn die Ansprüche aus dem Vertrag der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes dienen, das keine Forderung ist. Aus diesem Grund ist der Erwerb von Aktienfonds steuerschädlich. Denn Investmentfonds gehören nicht zu den privilegierten Wirtschaftsgü-tern, weil das laut InvG zulässige Sondervermögen auch Kapitalforderungen umfassen darf. Mit dem Fondskauf wird zwar ein Anteil am Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft erworben. Da dieses jedoch ohne weiteres auch Kapitalforderungen umfassen darf, die ausdrücklich vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen sind, ist der Anteilserwerb unter Einsatz einer Le-bensversicherung insgesamt steuerschädlich. Das gilt neben Aktien- auch für offene Immobilienfonds.

Hinweis: Auch wenn das abgesicherte Darlehen nur teilweise steuerschädlich verwendet wird, sind die Zinsen aus der Lebensversicherung insgesamt und nicht nur anteilig steuerpflichtig (BFH vom 13.07.2004 - VIII R 52/03 und VIII R 61/03; BFH/NV 2005, 181 ff.). Diese Auffassung vertritt auch die Finanzverwaltung, da die teilweise steuerschädliche Verwendung das Gesamtdarlehen infiziert (BMF vom 15.06.2000 - IV C 4 - S 2221 - 86/00; BStBl I, 1118, Rdnr. 10 und 58).

Darlehenssumme oberhalb der Anschaffungskosten ist steuerschädlich

Die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug sind ebenfalls nicht erfüllt, wenn das zum Erwerb einer fremdvermieteten Wohnung aufgenommene Darlehen die Anschaffungskosten dieses Wirtschaftsgutes übersteigt. Maßgebend für die Höhe sind gem. § 255 HGB die Aufwendungen, die zum Erwerb und für die Betriebsbereitschaft der Immobilie geleistet werden. Auch wenn die zur Kreditabsicherung verwendete Lebensversicherung die mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungskosten nur leicht übersteigen sollte, liegt insgesamt eine steuerschädliche Verwendung vor. Dies führt dann in vollem Umfang zur Steuerpflicht der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F., da eine Aufteilung in einen schädlichen und einen unbeachtlichen Teil nicht in Betracht kommt.

Hierbei gilt die gleiche Sichtweise wie im Fall der Aktienfonds. Die Finanzverwaltung hat hierbei lediglich eine Bagatellgrenze von 2.550 € und ehemals 5.000 Mark eingeführt (BMF vom 15.06.2000 - IV C 4 - S 2221 - 86/00; BStBl I, 1118, Rdnr. 16). Soweit die erstmaligen Finanzierungskosten diesen Betrag übersteigen, liegt insgesamt eine schädliche Verwendung vor.

Hinweis: Die Regeln für Policendarlehen sind bei ab 2005 abgeschlossenen Kapitallebensversicherungsverträgen unerheblich, da die Beiträge ohnehin nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig sind. Werden hierbei aber sowohl das 60. Lebensjahr als auch zwölf Jahre Laufzeit erreicht, darf nur die Hälfte des Unterschiedsbetrags zwischen Auszahlungssumme und geleisteten Prämien angesetzt werden, wenn die Police zur Sicherung oder Tilgung eines Darlehens eingesetzt wird (BMF vom 22.12.2005 - IV C 1 - S 2252 - 343/05; DStR 2006, 88, Tz. 74 sowie LfSt Bayern vom 16.01.2006 - S 2252 - 3 St 32/St 33).

Der steuerliche Hintergrund

Der Streit um das Für und Wider einer solchen Geldanlage besteht schon seit Jahrzehnten ohne dass ein eindeutiges Ergebnis gefunden wurde. In Deutschland wurden bis Ende 2004 92 Mio. Policen abgeschlossen – jeder zweite Haushalt besitzt zumindest einen Vertrag. Doch der einst strahlende Anlagestern hat in der letzten Zeit ein wenig von seinem Glanz verloren. Wegfallende Steuervergünstigungen sowie sinkende Garantiezinsen haben eine Diskussion um die Renditen der Lebensversicherungen ausgelöst. Der Garantiezins beträgt aktuell noch 2,75 %, soll aber 2007 auf bis zu 2 % sinken. Vor wenigen Jahren waren es dagegen noch 4 %. Jenseits aller Diskussionen über die Höhe der Garantie bleibt es allerdings dabei, dass überhaupt eine Garantie über ei-nen langen Zeitraum ausgesprochen wird, die – unabhängig von der Entwicklung der biometrischen und Kapitalmarktrisiken aufrechterhalten bleibt – oft über dreißig Jahre oder noch länger. Dass der Garantiezins auf ein verändertes Kapitalmarktniveau reagieren muss – wie es auch er-heblich kurzfristigere Anlageprodukte tun – ist unvermeidlich. Die für länger bestehende Verträge fortbestehende Garantieverzinsung von 4 % ist nach heutigen Maßstäben durchaus beachtlich; dass sich die Verzinsung auf den sogenannten Sparanteil der Versicherungsprämie bezieht, wäh-rend andere Prämienanteile das Todesfallrisiko und die Verwaltungskosten abzudecken haben, ist zwar vielleicht nicht jedem Kunden bewusst, liegt aber in der Natur des aus den Komponenten Risikoabdeckung und Sparvorgang zusammengesetzten Produkts einer kapitalbildenden Lebensversicherung.

Anlage-Hinweis: Das BVerfG hat mit drei Urteilen vom 26.07.2005 (1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96, 1 BvR 80/95) entschieden, dass die Ergebnisbeteiligung für die Versicherten nicht hinreichend transparent dargelegt wird und das Schicksal der sog. stillen Reserven verdeutlicht werden müsse. Das Gericht hat dem Gesetzgeber auferlegt, bis Ende 2007 neue Regelungen zu schaffen, um die Interessen der Versicherten besser zu schützen und ihnen mehr Einblick in die Ergebnisbeteiligung zu geben.
Bei der kapitalbildenden Lebensversicherung erfolgt neben der Risikoabsicherung ein verzinsli-ches Ansparen von Teilen des eingezahlten Beitrags. Der Versicherte oder seine Nachkommen erhalten auf jeden Fall einen Versicherungsbetrag ausgezahlt.

Die eingezahlte Prämie ist kalkulatorisch aufgeteilt in einen Risiko-, einen Verwaltungskosten- und einen Sparanteil. Der Risikoanteil wird benötigt, wenn der Versicherungsnehmer vor Ablauf der Laufzeit verstirbt. Denn bis zu diesem Zeitpunkt sind an die Versicherungsgesellschaften noch nicht ausreichend Gelder eingezahlt worden, um aus diesem Teil die Versicherungssumme an die Begünstigten auszahlen zu können. Die Höhe des Risikoanteils hängt vom Alter des Versicherungsnehmers und der Laufzeit des Vertrags ab. Der Sparanteil steht dem Versicherungsnehmer nach Ablauf der Laufzeit inkl. Zinsen und Gewinnanteilen zur Verfügung.

Der Verwaltungskostenanteil deckt die Provision des Vertreters, die Werbemaßnahmen der Versicherungsgesellschaft und die Verwaltungskosten. Da die Provision sofort beim Vertragsabschluss fällig wird, kalkulieren die Gesellschaften in den ersten Versicherungsjahren meist einen hohen Verwaltungskostenanteil. Daher kann es sein, dass der Versicherte bei vorzeitiger Kündigung seines Vertrages in den ersten Jahren weniger als das eingezahlte Geld zurückerhält. Dieser als Rückkaufswert bezeichnete Betrag steigt zu Beginn langsam an und zeigt den Wert an, den der Versicherungsnehmer bei sofortiger Vertragsauflösung erhalten würde oder mit dem er den Versicherungsvertrag beleihen könnte.

Zusätzlich kompliziert wird die Rechtslage dadurch, dass sich aktuell auch der BGH mit diesem Themenkreis auseinandergesetzt hat. In mehreren Entscheidungen vom 12.10.2005 (Az.: IV ZR 162/03, 177/03 und 245/03) wurden nicht nur gängige Klauseln über den Rückkaufswert bei Lebensversicherungen verworfen, sondern auch Vorgaben für dessen Berechnung gemacht. Danach dürfen bestimmte Mindestbeträge nicht unterschritten werden. Die konkreten Auswirkungen auch dieser Entscheidungen für die vorzeitig Kündigenden sowie für den verbleibenden Bestand – der weit überwiegend die Vorteile des höheren Rückkaufswertes der vorzeitig Ausscheidenden würde tragen müssen – werden derzeit kontrovers diskutiert. Vorschläge des Bundesjustizministeriums im Rahmen der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes gehen inhaltlich weit über die Ansätze des BVerfG hinaus. Es ist durchaus fraglich, ob die bisherigen Überlegungen fachlich ausgereift und mit Parallelkonzepten anderer Ministerien zum Versicherungsaufsichtsrecht zur Deckung zu bringen sind.

Steuerliche Behandlung für vor 2005 abgeschlossene Verträge

Die Erträge aus einer Kapitallebensversicherung bleiben unter bestimmten Voraussetzungen steu-erfrei. Die Beiträge können hingegen – wegen der Höchstbeträge bei den Sonderausgaben – nur selten steuerlich geltend gemacht werden. Und wenn doch, dann nur mit 88 %. Der wichtigste Punkt, die Steuerfreiheit der Erträge, wird jedoch nicht in jedem Fall erreicht. Hierzu muss der Versicherte einige Voraussetzungen beachten, die von den Gesellschaften in der Regel eingehalten werden.

Checkliste zu Kapital-Lebensversicherungen bis Ende 2004

Die Erträge aus Lebensversicherungen sind unter folgenden Voraussetzungen steuerfrei:

  • Kapitalwahlrecht: Bei vereinbartem Kapitalwahlrecht, also der Möglichkeit des Versicherten, sich die Versicherungssumme auf einmal auszahlen zu lassen, muss die vereinbarte Laufzeit der Versicherung mindestens zwölf Jahre betragen. Vor Ablauf von zwölf Jahren seit Ver-tragsabschluss darf weder die Versicherungssumme ausgezahlt werden, noch darf der Versicherte vom Vertrag zurücktreten. Bei vorzeitiger Auflösung ist die Gesellschaft verpflichtet, diesen Vorfall dem Wohnsitzfinanzamt des Versicherten zu melden und 25% Kapitaler-tragsteuer einzubehalten.  

  • Beiträge: Sie müssen laufend – mindestens einmal jährlich – bezahlt werden und nicht nur in einem Einmalbetrag. Das gilt für einen Zeitraum von fünf Jahren.

  • Todesfallschutz: Dieser Schutz muss während der gesamten Laufzeit mindestens 60% der Summe der für die gesamte Laufzeit zu zahlenden Beträge betragen. Diese Einschränkung gilt für Versicherungen, die ab 01.04.1996 abgeschlossen worden sind.

  • Verkauf: Wird eine Police vor Ablauf von zwölf Jahren an einen Dritten verkauft, ist dies nicht schädlich.

  • Absicherung von Krediten: Die Steuerfreiheit besteht nur, wenn die Lebensversicherungsansprüche zur Finanzierung von Wirtschaftsgütern eingesetzt werden, die der Einnahmeerzielung dienen.

Liegt eine der vorgenannten Voraussetzung nicht vor, sind die Erträge aus der Police als Kapitaleinnahmen zu versteuern. Maßgebend ist die Auszahlung der Versicherungssumme. Dann führt die Gesellschaft auch 25 % Kapitalertragsteuer ab.

Erhalten Versicherte bei Fälligkeit statt der Auszahlungssumme eine Rente, sind diese laufenden Zahlungen mit ihrem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte nach § 22 EStG steuerpflichtig, der rechnerische Tilgungsanteil bleibt hingegen steuerfrei. Die Besteuerung des Zinsanteiles im Rentenbetrag erfolgt auch dann, wenn die Lebensversicherung grundsätzlich steuerfrei ist. Der Ertragsanteil richtet sich nach der Laufzeit der Rente, bei Zahlung bis zum Tod nach Ihrem Alter bei Rentenbeginn. Häufig entscheiden sich Versicherungsnehmer während der Laufzeit für eine zuvor nicht vereinbarte Beitragserhöhung. Hierbei stellt sich dann aus steuerlicher Sicht die Frage: Neuer Vertrag oder lediglich eine Änderung des bestehenden Vertrags?

- Wird der Beitrag erst nach Ablauf von zwölf Jahren erhöht, ohne dass sich die Laufzeit verändert, bleibt der ursprünglich abgeschlossene Vertrag steuerlich begünstigt.
- Die aus dem neuen, erhöhten Vertrag resultierenden Erträge sind nur steuerfrei, wenn die Laufzeit für diese Beiträge erneut mindestens zwölf Jahre beträgt.
- Kommt es nach Ablauf von zwölf Jahren zu einer Vertragsverlängerung, ohne dass sich die monatlichen Beiträge ändern, bleibt der ursprüngliche Versicherungsvertrag steuerlich begünstigt. Voraussetzung: Die Restlaufzeit des Vertrags beträgt mindestens zwölf Jahre.
- Von vornherein vereinbarte Beitragserhöhungen – etwa eine Dynamisierung – fallen nicht unter die Rubrik Neuvertrag. Das gilt selbst dann, wenn Sie die laufende Erhöhung unterbrechen dürfen. Setzen Sie mehr als zwei Jahre hintereinander aus, darf aus steuerlichen Gründen anschließend nicht mehr zur laufenden Erhöhung gewechselt werden. Dies wäre dann ein Neuvertrag, was die Versicherungen aber in der Regel beachten.

Dieser Auszug aktualisiert  den Beitrag "Lebensversicherungen" aus dem Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern“, Seite 294.

Quelle: Deubner Redaktion - Kapitalanlage und Steuern vom 04.05.06