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Rechnungen: BFH bestätigt rückwirkenden Vorsteuerabzug

Der BFH folgt dem EuGH bei den Folgen von Rechnungsberichtigungen. Demnach können Unternehmer als Leistungsempfänger trotz formaler Mängel in Rechnungen einen Vorsteuerabzug rückwirkend zum Zeitpunkt des Rechnungsempfangs geltend machen. Entsprechende Steuernachzahlungen und Verzinsungen entfallen. Die geänderte Rechtsprechung des BFH hat weitreichende Auswirkungen und schafft Rechtssicherheit.

Der BFH hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob er sich der Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich der rückwirkenden Rechnungsberichtigung anschließt.

Ein Unternehmen hatte den Vorsteuerabzug aus Rechnungen von Beratern geltend gemacht. In einem Fall hatte ein Rechtsanwalt in seinen Rechnungen lediglich auf einen unbestimmten „Beratervertrag“ verwiesen. In einem anderen Fall berechnete eine Unternehmensberatung „allgemeine wirtschaftliche Beratung“ und „zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung“.

Daraufhin wurde der Vorsteuerabzug aufgrund der in den Jahren 2005–2007 erteilten Rechnungen versagt, weil keine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung vorhanden war. Während des Rechtsstreits wurden in 2013 berichtigte und damit ordnungsgemäße Rechnungen vorgelegt. Streitig war, ob die Rechnungsberichtigung in die Jahre 2005–2007 zurückwirkt.

Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug

Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Eine Rechnung kann berichtigt werden, wenn sie nicht alle Pflichtangaben enthält oder Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. Das Recht auf Vorsteuerabzug kann wegen der berichtigten Rechnung in dem Besteuerungszeitraum geltend gemacht werden, in dem die Rechnung erstmals übersandt wurde.

Vorgaben des EuGH

Nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH kommt der Berichtigung einer Rechnung hinsichtlich einer zwingenden Angabe Rückwirkung zu, so dass das Recht auf Vorsteuerabzug bereits für das Jahr ausgeübt werden kann, in dem diese Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde, und nicht erst in dem Jahr, in dem sie berichtigt wurde. Eine ordnungsgemäße Rechnung ist danach formelle, aber keine materielle Voraussetzung für das Recht auf Vorsteuerabzug. Die deutschen Regelungen sind in diesem Zusammenhang richtlinienkonform auszulegen.

Änderung der Rechtsprechung des BFH

Vor diesem Hintergrund wirkt eine Berichtigung daher auf den Zeitpunkt zurück, in dem die beanstandete Rechnung erstmals ausgestellt worden ist. In Anbetracht der jüngsten Rechtsprechung des EuGH hält der BFH nicht mehr an seiner früheren Rechtsprechung fest, nach der der Vorsteuerabzug aus einer berichtigten Rechnung erst in dem Besteuerungszeitraum möglich ist, in dem die Berichtigung stattgefunden hat. Dies gilt aber nur, wenn die Rechnung berichtigungsfähig ist. Das ist der Fall, wenn eine Rechnung als Mindestangaben Angaben

  • zum Rechnungsaussteller,
  • zum Leistungsempfänger,
  • zur Leistungsbeschreibung,
  • zum Entgelt und
  • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer

enthält. Hierfür reicht es aus, dass diese Angaben in der Rechnung enthalten sind. Allerdings dürfen sie nicht in hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sein. Die im Streitfall verwendeten Leistungsbeschreibungen „allgemeine wirtschaftliche Beratung“ oder „betriebswirtschaftliche Beratung“ waren zumindest hinreichend konkret, so dass die Rechnungen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht berichtigt werden konnten.

Praxishinweis

Der BFH setzt die Rechtsprechung des EuGH ins deutsche Recht um. Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit und entfaltet für Unternehmer die Möglichkeit, trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug für bezogene Leistungen geltend zu machen, und zwar zum Zeitpunkt des erstmaligen Rechnungsempfangs. Bisher führten nachträgliche Beanstandungen auch bei einer Rechnungsberichtigung zu Steuernachzahlungen für das Jahr, in dem ursprünglich der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen worden ist. Neben der Steuernachzahlung mussten auch Zinsen von 6 % jährlich gezahlt werden. Diese für den Unternehmer ungünstigen Folgen entfallen künftig und in allen offenen Fällen.

BFH, Urt. v. 20.10.2016 - V R 26/15

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht