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Verfahrensrecht -

Selbstanzeige: Wie lange können Bescheide geändert werden?

Wie lange kann bei der Abgabe einer Selbstanzeige die Steuerfestsetzung noch geändert werden? Nach dem BFH hängt das u.a. vom Beginn der Ermittlungen ab. Der Ablauf der Festsetzungsfrist kann demnach aufgrund von Ermittlungen der Finanzbehörden auch unabhängig von der Festsetzungsverjährung gehemmt werden. Die Ermittlungen müssen sich dann allerdings konkret auf die betroffenen Zeiträume beziehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei Urteilen entschieden, dass die einjährige Ablaufhemmung nach Abgabe einer Selbstanzeige nicht die Ablaufhemmung für Ermittlungen seitens der Finanzbehörden ausschließt, wenn die Ermittlungen der Steuerfahndung vor dem Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist beginnen und die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht. Entscheidend ist hierbei, dass die Steuerfahndung vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist Ermittlungshandlungen vornimmt, die konkret der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen dienen.

Sachlage im Streitfall

Im aktuellen Fall wurde ein Ehepaar zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und unterhielt bei einer liechtensteinischen Stiftung ein ihnen zuzurechnendes gemeinschaftliches Depot. In den betreffenden Einkommensteuererklärungen erklärten sie jedoch keine ausländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Das Ehepaar gab im Jahr 2008 schließlich eine Selbstanzeige für die Jahre 2000 bis 2006 ab und im Mai für die Jahre ab 1996. Im Jahr 2010 ergingen Änderungsbescheide für die Jahre 1996 und 1997. Dabei war zum einen die zehnjährige Festsetzungsfrist sowie die einjährige Ablaufhemmung nach Abgabe der Selbstanzeige abgelaufen.

Das angerufene Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten sei, da die Steuerfahndung bereits vor Ablauf des Jahres 2008 Unterlagen zu den hinterzogenen Kapitalerträgen anforderte, so dass sich die Festsetzungsverjährung bis zu dem Zeitpunkt verlängere, zu dem die geänderten Steuerbescheide unanfechtbar geworden seien, da die Anforderung Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung darstellen.

Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Was hindert die steuerliche Festsetzungsfrist?

Grundsätzlich beträgt die steuerliche Festsetzungsfrist bei einer Steuerhinterziehung zehn Jahre. Das heißt, wenn die Steuererklärung für das Jahr 1996 im Jahr 1998 eingereicht wurde, so beginnt die Zehnjahresfrist mit Ablauf des Jahres 1998 und endet mit Ablauf des 31.12.2008.

Das Steuerrecht sieht jedoch bei Vorliegen bestimmter Ereignisse eine Ablaufhemmung dieser Festsetzungsfrist vor. Die Erstattung einer Selbstanzeige führt dazu, dass die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige endet. Diese Frist war im konkreten Fall bereits verstrichen.

Darüber hinaus verlängert sich die Frist, wenn die Zollfahndungsämter oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen beginnen. Die Festsetzungsfrist läuft insoweit nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind.

Dabei muss jedoch zum einen für den Steuerpflichtigen erkennbar sein, dass in seinen Steuerangelegenheiten ermittelt wird, und zum anderen, welcher Gegenstand den Anlass der Ermittlungen bildet. In einem solchen Fall endet die Festsetzungsfrist erst dann, wenn aufgrund der Prüfung Steuerbescheide ergehen und diese unanfechtbar werden. Das Finanzamt kann also unabhängig von der Nacherklärung eigene Ermittlungen veranlassen, die zu einer weitergehende Festsetzungshemmung führen.

Hierfür ist es jedoch erforderlich, dass die spätere Steuerfestsetzung auf den rechtzeitig aufgenommenen Ermittlungen der Steuerfahndung beruht, d.h., die vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist vorgenommenen Ermittlungshandlungen konkret der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen dienen. Ausreichend für den Beginn der Ablaufhemmung ist, dass die angezeigte Steuerverkürzung dem Grunde nach individualisiert werden kann.

Praxishinweis

Der BFH hat mit diesem Urteil entschieden, dass die Festsetzungsfrist aufgrund von Ermittlungen der Finanzbehörden auch unabhängig von der Festsetzungsverjährung bei Abgabe einer Selbstanzeige gehemmt werden kann. Wichtig ist jedoch, dass vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist mit Ermittlungsmaßnahmen für die konkret von der Festsetzung betroffenen Jahre begonnen wird. Falls diese sich nicht auf die von der Verjährung betroffenen Zeiträume bezogen haben, können Steuerpflichtige den Eintritt der Festsetzungsverjährung geltend machen, so dass eine nachträgliche Steuerfestsetzung nicht mehr möglich ist.

BFH, Urt. v. 03.07.2018 - VIII R 9/16
BFH, Urt. v. 03.07.2018 - VIII R 10/16

Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper