Auswirkungen des Brexit auf die Limited? Lösungen zur Wahl der Rechtsform und zum grenzüberschreitenden Formwechsel

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Der Inhalt auf dieser Seite:

1. Sitztheorie vs. Gründungstheorie bei EU-Gesellschaften – Diesen Streit gab es schon vor dem Brexit

2. Die britische Limited – ein Auslaufmodell

3. Brexit-Alarm: Möglichkeiten zum Ausstieg aus Ltd. – Formwechsel, Verschmelzung, Asset Deal

 

1. Sitztheorie vs. Gründungstheorie bei EU-Gesellschaften – diesen Streit gab es schon vor dem Brexit

Bis zu den Urteilen des EuGH in Sachen „Überseering“ und „Centros“ (Urteil v. 09.03.1999, Rs. C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126; Urteil v. 09.03.1999, Rs. C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126) galt im deutschen Gesellschaftsrecht die sogenannte Sitztheorie. Danach war auf eine Gesellschaft das Gesellschaftsrecht des Staates anzuwenden, in welchem diese ihre tatsächliche Tätigkeit entfaltete.

Für eine in Deutschland tätige Gesellschaft bedeutete dies, dass sie nur im Rahmen einer Rechtsform des deutschen Gesellschaftsrechts als voll rechtsfähig anzusehen war. Insbesondere konnte eine ausländische Gesellschaft nach der Sitztheorie ihre Rechte vor deutschen Gerichten, z.B. aus Verträgen, nicht durchsetzen, wenn sie sich nicht vorher nach den Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts neu gegründet hatte.

Durch die Rechtsprechung des EuGH hielt dann die Gründungstheorie Einzug in das deutsche Gesellschaftsrecht. Nach dieser Theorie wird davon ausgegangen, dass auch bei einer grenzüberschreitenden Verlegung des Verwaltungssitzes weiterhin das Gesellschaftsrecht des ursprünglichen Gründungsstaats maßgeblich bleibt.

Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung war, dass die deutsche Sitztheorie gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Einem EU-Staatsangehörigen darf demnach kein Nachteil daraus entstehen, dass eine in einem Mitgliedsstaat gegründete Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat entfaltet.

Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft nur aus dem Grund in einem anderen Mitgliedstaat gegründet wird, weil dieser gegenüber dem Aktivitätsstaat großzügigere Stammkapitalvorschriften hat. Dies ist bei englischen private companies limited by shares (kurz: Ltd.) der Fall. Diese entfalten bereits mit einem Stammkapital von wenigen Euro die volle Abschirmwirkung einer Kapitalgesellschaft. Bei der deutschen GmbH sind dazu bekanntermaßen € 25.000 erforderlich.

2. Die britische Limited in Deutschland – ein Auslaufmodell auch ohne Brexit

Nach dem EuGH-Urteil erlebte dann die britische Ltd. mit einem Verwaltungssitz in Deutschland und ihren minimalen Stammkapitalanforderungen eine Blüte. Neben Konzerngesellschaften und ehrbaren Handwerker-Ltds. gab es allerdings auch einige recht windige Geschäftemachereien in der Form der Ltd., die schließlich im Geschäftsverkehr und bei Banken für den schlechten Ruf dieser Rechtsform beitrugen.

Darüber hinaus wurde auch klar, dass komplexere gesellschaftsrechtliche Transaktionen mit der Ltd. gar nicht so einfach waren, da sich diese nach britischem Gesellschaftsrecht richten. Großbritannien gehört zum Rechtskreis des „common laws“, einer Rechtstradition, die sich vom kontinentaleuropäischen, vom römischen geprägten Rechtsverständnis, durchaus unterscheidet.

Der deutsche Gesetzgeber reagierte auf den Ltd.-Boom und schuf 2008 mit der Unternehmergesellschaft (UG) die deutsche Variante einer Kapitalgesellschaft mit minimalen Stammkapitalanforderungen. So hatte dann die britische Ltd. ihre Blütezeit bereits vor dem nahenden Brexit hinter sich. Es bleibt nun die Frage nach dem Schicksal der noch circa 8.000 bis 10.000 britischen Ltds. mit deutschem Verwaltungssitz.

Nach derzeitigem Stand der wohl herrschenden Meinung führt der Brexit dazu, dass eine Ltd. mit deutschem Verwaltungssitz unmittelbar mit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU bzw. mit dem Ende einer möglichen Übergangsregelung automatisch in eine Personengesellschaft, also in eine OHG oder GbR umqualifiziert wird.

Letztendliche Klarheit im Detail können in diesem Zusammenhang nur der Gesetzgeber schaffen bzw. im Nachgang die Gerichte. Möglichweise gelten im Zuge des Brexits noch Übergangsfristen bis Ende 2020.

Neben dem Verlust der Haftungsbeschränkung führt dies zu einer gesamtschuldnerischen und unbeschränkten Haftung der Gesellschafter für alle Verbindlichkeiten, Fremdgeschäftsführer können überdies ihre Vertretungsbefugnis verlieren. Ein Bestandsschutz für die Ltd. ist zumindest gesellschaftsrechtlich nicht vorgesehen. Sollte das Austrittsabkommen noch zustande kommen, hätte die Ltd. noch bis zum 31.12.2020 Bestandsschutz.

Handelt es sich dabei um eine Ein-Personen-Ltd., führt der Anteilseigner das Unternehmen als Einzelunternehmen weiter.

Steuerliche und bilanzielle Gesichtspunkte

Auch aus steuerlicher und bilanzieller Sicht sind die Folgen des Brexit zu beachten.

Die steuerlichen Folgen des Brexits für die Ltd. wurden intensiv diskutiert. Es wurde in der Literatur vertreten, dass eine Schlussbesteuerung nach § 12 Abs. 1 KStG ausgelöst werden könnte, da insoweit der Ort der Geschäftsleitung im Inland und somit eine Betriebsstätte nicht mehr vorhanden ist (Geyer/Ullmann, DStR 2019, 305, 307).

Alle stillen Reserven in materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern, die Deutschland zuzuordnen sind, wären aufzudecken.  Es wird jedoch eingeräumt, dass diesen Folgen sowohl  die bisherige Rechtsprechung des BFH zum Zuzug von Kapitalgesellschaften aus Drittstaaten entgegensteht als auch das Diskriminierungsverbot in Art. 25 Abs. 1 des DBA Deutschland-GB.

Auch der Entwurf zum Brexit-Steuerbegleitgesetz stellt im neuen § 12 Abs. 4 KStG klar, dass das Betriebsvermögen ununterbrochen der Ltd. zugeordnet bleibt – demnach kommt es wohl zu keiner Aufdeckung von stillen Reserven allein durch den Brexit. Außerdem sollen die Einkünfte der Ltd. weiterhin als körperschaftsteuerliche Einkünfte behandelt werden.

Praxistipp: Die geplanten Regelungen des Brexit-Steuerbegleitgesetzes, für welche die noch ausstehende Zustimmung des Bundesrats wahrscheinlich ist, nehmen den steuerlichen Auswirkungen des Brexits auf die Ltd. weitgehend den Schrecken. Schon allein aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Folgen sollte jedoch frühzeitig über den Ausstieg aus der Ltd. nachgedacht werden. Zwar mag die Ltd. steuerlich weiterhin aufgrund des sog. Typenvergleichs als Kapitalgesellschaft gelten, zivilrechtlich entsteht jedoch zwangsweise eine Personengesellschaft.

 

3. Brexit-Alarm: Möglichkeiten zum Ausstieg aus der Ltd.

3.1 Formwechsel von der Limited in eine deutsche GmbH

Ein Formwechsel ist geregelt in § 1 Absatz 1 Nr. 4 UmwG und auf Gesellschaften mit Handelsregister im Inland beschränkt. Auch dass eine britische Ltd. ggf. über eine eingetragene Niederlassung in Deutschland verfügt, ändert hieran nichts. Zwar sind derzeit Änderungen von der EU-Kommission auf den Weg gebracht, die einen grenzüberschreitenden Formwechsel ermöglichen sollen, derzeit ist hier aber noch nichts konkret.

Allerdings gibt es neuere EuGH-Rechtsprechung, nach der ein grenzüberschreitender Formwechsel möglich sein soll. Dies wurde auch bereits von unterinstanzlichen Gerichten anerkannt. (EuGH v. 25.10.2017, C-106/16, Polbud, ECLI:EU:C:2017:804).

3.2 Verschmelzung der Limited auf eine deutsche Kommanditgesellschaft

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 03.09.2018 einen Entwurf vorgelegt, wonach die grenzüberschreitende Verschmelzung einer EU-Auslandkapitalgesellschaft auf eine deutsche Kommanditgesellschaft möglich werden soll. Bisher war dies als Lösung der Gesamtrechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz nicht machbar.

Auf diese Weise soll für britische Ltds. mit Verwaltungssitz in Deutschland eine kostengünstige Lösung zur Abwicklung geboten werden, insbesondere da diese häufig über wenig Stammkapital verfügen. An der Kommanditgesellschaft könnte dann eine deutsche UG als einzig persönlich haftende Komplementärin beteiligt werden. Durch diese Variante wäre dann im Ergebnis auch eine weitere Haftungsabschirmung mit minimalem Stammkapital möglich. Die Verschmelzung könnte auch grds. steuerneutral zu Buchwerten vollzogen werden.

Hinweis: Ob der Entwurf tatsächlich eine kostensparende Lösung darstellt, kann bezweifelt werden. Auch für die Verschmelzung dürften Beratungskosten anfallen, sowohl auf deutscher als auch auf britischer Seite. Außerdem müssten bei einer UG & Co. KG Bilanzen und Steuererklärungen für zwei Gesellschaften erstellt werden, was höhere laufende Kosten bedeuten kann.

3.3 Verschmelzung der Limited auf eine deutsche Kapitalgesellschaft

Die Verschmelzung der Ltd. auf eine GmbH ist nach der Regelung zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, zumindest vor dem Brexit-Termin, nach § 122a UmwG, auch steuerneutral, möglich. Allerdings müsste das entsprechende Stammkapital der GmbH von 25.000 € aufgebracht werden. Auch die Verschmelzung auf eine UG dürfte sich eher schwierig gestalten. Hier dürfte regelmäßig bei der UG als aufnehmender Rechtsträger die Einzahlung des vollen GmbH-Stammkapitals erforderlich sein.

3.4 Limited und der Asset Deal

Es wäre denkbar, dass alle Wirtschaftsgüter und Schulden der Ltd. auf eine Gesellschaft deutschen Rechts übertragen werden, etwa im Rahmen einer Einlage oder eines Verkaufs (sog. Asset Deal). Die Übertragung könnte dann an jede beliebige Gesellschaft erfolgen, ggf. auch in das Betriebsvermögen einer UG & Co. KG. Gerade bei kleinen Gesellschaften mit lediglich überschaubarem Vermögen und nur wenigen Verträgen kann der Asset Deal eine Option sein.

Bei einer Vielzahl von Vermögensgegenständen, Vertragsverhältnissen und Verbindlichkeiten kann sich der Asset Deal jedoch als eher schwieriger Weg einer Einzelrechtsnachfolge erweisen. Insbesondere die Gläubiger und sonstige Vertragspartner müssten der Umschreibung zustimmen. Aus steuerlicher Sicht müsste die Ltd. etwaige Verkaufserlöse und Entnahmegewinne ggf. versteuern. Eine steuerneutrale Einbringung des Gesamtvermögens der Ltd. nach den Regelungen des Umwandlungsteuergesetzes dürfte wenig Sinn machen, da dann die Ltd. Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft erhalten müsste. Zielrichtung sollte jedoch sein, die Ltd. möglichst zügig abzuwickeln.

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