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Einkommensteuer -

Änderung der Überleitungsrechnung bei Wahlrechtsausübung

Welche Folgen haben Änderungen nach Abgabe der Steuererklärung bei einer Überleitungsrechnung? Der BFH hat diese Frage im Fall eines ausgeübten Wahlrechts in Bezug auf die Minderung von Anschaffungskosten beantwortet. Demnach ist die geänderte Ausübung solcher Wahlrechte nur nach den Regeln einer Bilanzänderung zulässig, soweit sie in einer Überleitungsrechnung vor der Veranlagung erfolgt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 27.05.2020 (XI R 12/18) dazu Stellung genommen, in welchem Umfang eine Überleitungsrechnung gem. § 60 EStDV bei der Ausübung eines Wahlrechts geändert werden kann.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die K-GmbH berücksichtigte in ihrer Körperschaftsteuererklärung einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) i.H.v. 200.000 € für die beabsichtigte Anschaffung von Windenergieanlagen. Die Investition erfolgte später.

Für dieses Jahr gab die K-GmbH die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung ab, welcher ein nach Handelsrecht erstellter Jahresabschluss sowie eine Überleitungsrechnung zur Anpassung der Ansätze an die steuerrechtlichen Vorschriften beigefügt waren.

Darin berücksichtigte die GmbH den IAB. Später reichte sie eine korrigierte Steuererklärung mit Überleitungsrechnung ein, in der sie die Anschaffungskosten für die Investitionen änderte. Das Finanzamt (FA) folgte dem nicht. Einspruch und Klage blieben erfolglos, der BFH folgte der Vorinstanz.

Grundsätze zur Wahlrechtsausübung

Enthält die Bilanz Ansätze oder Beträge, die den steuerrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, sind gem. § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV diese Ansätze oder Beträge durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerrechtlichen Vorschriften anzupassen. In diesem Fall reicht der bilanzierende Steuerpflichtige neben einer Abschrift der (Handels-)Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Überleitungsrechnung beim FA ein.

Die Anpassungen in der steuerrechtlichen Überleitungsrechnung, die Korrekturen von Bilanzpositionen betreffen, welche bei Erstellung einer eigenen Steuerbilanz direkt in dieser zu erfassen wären, können nicht deshalb den außerbilanziellen Korrekturen gleichgestellt werden, weil sie als Anpassungen und Zusätze außerhalb der Bilanz vorgenommen werden.

Auch in diesen Fällen liegt eine innerbilanzielle Änderung vor, obgleich sie technisch außerhalb der eigentlichen Bilanz in der Überleitungsrechnung vollzogen wird.

Die Bilanzänderungsgrundsätze gelten mithin auch dann, wenn der Steuerpflichtige neben der Handelsbilanz keine gesonderte Steuerbilanz erstellt, sondern lediglich eine steuerrechtliche Anpassungsrechnung seiner Steuererklärung beifügt und nur diese Anpassungsrechnung später durch Inanspruchnahme des Herabsetzungsbetrags i.S.v. § 7g Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. geändert wird.

Wurde die Überleitungsrechnung beim FA eingereicht, konnte eine abweichende Ausübung des Wahlrechts somit nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 EStG erfolgen.

Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim FA ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.

Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung steht und soweit die Auswirkung der Änderung auf den Gewinn reicht. Gemäß § 4 Abs. 2 EStG kann grundsätzlich jede Vermögensübersicht, die zu steuerrechtlichen Zwecken erstellt wird, unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 EStG korrigiert werden.

Zur Vermögensübersicht (Bilanz) zählt nicht nur die eigentliche Steuerbilanz, sondern ebenso die Handelsbilanz mit der steuerrechtlichen Überleitungsrechnung. Für die Bilanzberichtigung kommt es nicht darauf an, ob eine ausdrückliche Steuerbilanz oder eine andere Vermögensübersicht eingereicht wurde.

Nichts anderes gilt für die Bilanzänderung. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung des Bilanzierenden gegenüber dem Überschussrechner liegt für den BFH darin nicht vor. Dies verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Totalgewinnidentität. Denn dieses Postulat schließt unterschiedliche Periodengewinne in einzelnen Jahren gerade nicht aus.

Das ist etwa der Fall, wenn die GmbH statt der gewinnmindernden Herabsetzung, die ein Überschussrechner hätte noch in Anspruch nehmen können, in den Folgejahren AfA auf eine höhere Bemessungsgrundlage vornimmt.

Möglichkeit zur Wahlrechtsausübung im Besprechungsfall

Eine Änderung der steuerrechtlichen Wahlrechtsausübung gem. § 7g Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG a.F. unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 EStG kommt nicht in Betracht. Es fehlt an einer Berichtigung eines fehlerhaften Bilanzansatzes.

Eine Bilanzänderung liegt nicht vor, wenn sich einem Steuerpflichtigen erst nach Einreichung der Bilanz die Möglichkeit eröffnet, erstmalig ein Wahlrecht auszuüben. Lagen aber die Voraussetzungen für eine Wahlrechtsausübung – wie im Besprechungsfall – bereits zur Zeit der Einreichung der Bilanz beim FA vor und hat der Steuerpflichtige dies nicht erkannt, ist die Beschränkung der Bilanzänderung gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Weder aus den Vorschriften, welche die Wahlrechte betreffen, noch aus dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit lässt sich ableiten, dass der Steuerpflichtige in der Lage sein muss, die ihm gesetzlich zugebilligten Wahlrechte jederzeit ausüben zu dürfen.

Zudem lösen mögliche Irrtümer bei Ausübung eines steuerrechtlichen Wahlrechts keine Änderungsmöglichkeit gem. § 129 AO aus. Aus diesen Gründen lehnte der BFH die Änderung der Überleitungsrechnung ab.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung die Grundsätze zur Bilanzänderung weiter konkretisiert: Mit einer Entscheidung vom selben Tag (XI R 8/18) hat er zunächst entschieden, dass eine Bilanzänderung gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG lediglich in Höhe der sich aus der Steuerbilanz infolge der Bilanzänderung gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ergebenden Gewinnänderung erlaubt ist und nicht in Höhe der sich aus einer Bilanzänderung ergebenden steuerlichen Gewinnänderung, die auf einer Hinzurechnung außerhalb der Steuerbilanz beruht. Dieser Grundsatz ist nun auf eine Überleitungsrechnung gem. § 60 EStDV übertragen worden.

BFH, Urt. v. 27.05.2020 - XI R 12/18

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht