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Aktienoptionen: Wann sind Verluste abzugsfähig?

Der BFH hat in drei Verfahren entschieden, dass die Verluste beim Erwerb einer Aktienoption auch dann abzugsfähig sind, wenn die Option verfallen ist. Damit ändern die BFH-Richter ihre Rechtsprechung und widersprechen der bisherigen Ansicht des BMF. Im Übrigen hält der BFH das Werbungskostenabzugsverbot bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in § 20 Abs. 9 EStG für verfassungsgemäß.

In den Streitfällen wurden Aktien- und Indexoptionen von Privatanleger angeschafft, wobei die Anschaffung zum Teil fremdfinanziert wurde. Entgegen den Erwartungen beim Kauf entwickelte sich der Kurs der Wertpapiere und Aktienindizes negativ. Aus diesem Grund entschieden sich die Privatanleger, die Optionen verfallen zu lassen. Die Optionen wurden nach dem Ablauf der Laufzeit ohne Wert aus den Wertpapierdepots der Anleger ausgebucht.

Die Steuerpflichtigen setzten sowohl den Wertverlust als auch die Schuldzinsen für die aufgenommenen Kredite als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen an. Das Finanzamt lehnte dies ab, während die Finanzgerichte und der BFH die Verluste aus dem Verfall der Optionen steuerlich anerkannten. Der BFH änderte damit seine bisherige Rechtsprechung.

Begründung des BMF für die fehlende Anerkennung

Das BMF folgte der bisherigen Rechtsprechung und hielt die Anschaffungskosten der verfallenen Optionen für steuerlich irrelevant. Nach Ansicht des BMF muss der Steuerpflichtige für die Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG tatsächlich einen Differenzausgleich – entweder als Geldbetrag oder in Form eines sonstigen Vorteils – erlangen. Diese Voraussetzung sieht das BMF aber als nicht erfüllt an, wenn die erworbene Option ungenutzt verfällt.

Als Begründung führt das BMF den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Regelung an: Durch die neu eingeführte Abgeltungsteuer sollte nach Auffassung des BMF die bisherige Rechtslage nicht geändert werden. Diese Ansicht stützt das BMF auf den Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F., der weitgehend § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG entspricht, lediglich die früher enthaltene Haltefrist sei gestrichen worden.

Gründe des BFH für seine geänderte Rechtsprechung

Der BFH folgert allerdings die Abzugsfähigkeit von Verlusten aus Optionsgeschäften aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung sowie dem Sinn und Zweck des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG. Insoweit unterscheidet der BFH auch nicht danach, ob neben der Option auch das entsprechende Wertpapier erworben oder ob ein sich aus dem Optionsgeschäft ergebender Ausgleich für den Unterschiedsbetrag gezahlt wird.

Das Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG wird hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der streitigen Verluste aus Optionsgeschäften durch § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG verdrängt, der für Termingeschäfte eine Sondervorschrift enthält. Daher können die Aufwendungen abgezogen werden, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen. Dazu gehören auch die vom Erwerber einer Option an den Stillhalter geleisteten Optionsprämien. Für den BFH stellen die Anschaffung der Option und der Ausgang des Optionsgeschäfts damit eine Einheit dar. Folglich kann der Wertverlust aus Optionsgeschäften mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.

Die geänderte Rechtsprechung für den Verlustabzug von Optionsgeschäften ändert für den BFH jedoch nichts daran, dass durch den Erwerb der Optionen entstandene Schuldzinsen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können. Insoweit gelten die Regelungen über die Abgeltungsteuer auch weiterhin unverändert für Optionsgeschäfte. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung hat der BFH weiterhin nicht.

Praxishinweis

Der BFH hat seine Rechtsprechung bezüglich der Verlustanerkennung und -verrechnung von Optionsgeschäften an die geänderte Gesetzeslage angepasst. Die Anschaffung einer Option und der Ausgang des Optionsgeschäfts stellen aufgrund der im Ertragsteuerrecht typischen wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine Einheit dar. Daher gilt hier nicht das Werbungskostenabzugsverbot; lediglich für Schuldzinsen aufgrund der Finanzierung des Optionsgeschäfts greift das Verbot. Die Begründung des BFH ist gut nachvollziehbar und konsequent formuliert. Das BMF beruft sich auf den vermeintlichen Willen des Gesetzgebers, der nur unzureichend bis gar nicht Ausdruck im Gesetz gefunden hat. Es bleibt abzuwarten, wie das BMF auf diese Urteile reagieren wird, sei es durch Nichtanwendungserlass, Gesetzesänderung oder Änderung der Verwaltungsauffassung. Bis zur Reaktion des BMF sollten aber alle Anleger in offenen Fällen die Entscheidungen des BFH anwenden.

BFH, Urt. v. 12.01.2016 - IX R 48/14
BFH, Urt. v. 12.01.2016 - IX R 49/14
BFH, Urt. v. 12.01.2016 - IX R 50/14
BMF, Schreiben v. 09.10.2012 - IV C 1 – S-2252/10/10013, BStBl 2012 I 953
BMF, Schreiben v. 27.03.2013 - IV C 1 – S-2256/07/10005: 013, BStBl 2013 I 403

Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz