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Einkommensteuer -

Gesellschafterdarlehen: Kreditausfall und Refinanzierungskosten

Welche Folgen haben Darlehen an Kapitalgesellschaften, an denen der Kreditgeber beteiligt ist? Was ist bei einem Ausfall des Darlehens nach einer Insolvenz? Der BFH hat entschieden, dass auch hohe Kreditsummen nicht ohne weiteres zu einer gewerblichen Darlehenshingabe führen. Für die Anerkennung steuerlicher Verluste kann es auf den Zeitpunkt ankommen, an dem die Forderung begründet wurde.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung seine Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung des Ausfalls von Gesellschafterdarlehen weiter konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Der Kläger K war zu 85 % an der X-GmbH beteiligt, welche als Holdinggesellschaft u.a. der X-Gruppe fungierte. Außerdem war K zu 24 % an der Y-GmbH beteiligt. K übertrug im Wege des Anteilstauschs seinen Geschäftsanteil an der Y-GmbH auf die X-GmbH, so dass die X-GmbH zu 75 % an der Y-GmbH beteiligt war.

Die restlichen 25 % hielt die VS-GmbH. Aufgrund des notariellen Geschäftsanteilsübertragungsvertrags übertrugen die VS-GmbH und die X-GmbH ihre Geschäftsanteile an der Y-GmbH auf die D-GmbH, so dass K ab diesem Zeitpunkt mittelbar zu 20,4 % an der Y-GmbH beteiligt war.

Ferner gewährte K der Y-GmbH verzinsliche Darlehen in beträchtlicher Höhe. Zinsen zahlte die Y-GmbH vereinbarungsgemäß nicht. K refinanzierte seine Darlehen durch Bankkredite, für die er Refinanzierungszinsen zu zahlen hatte.

Später wurde über das Vermögen der Y-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und die Gesellschaft gelöscht. Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, welche Refinanzierungskosten von K zu berücksichtigen sind. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH sah dies anders.

Zinseinnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Zwar hat K den Gesellschaften, an denen er beteiligt war, Darlehen in beträchtlichen Höhen gegeben, jedoch hat er damit nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Zudem handelte es sich lediglich um eine private Vermögensverwaltung. Folglich können weder der Ausfall der Darlehen noch die Refinanzierungskosten zu Betriebsausgaben führen.

Das Tatbestandsmerkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr verlangt, dass eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten werden muss. Des Weiteren muss die Tätigkeit nach außen hin in Erscheinung treten und sich an eine – wenn auch begrenzte – Allgemeinheit wenden.

Eine solche Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr kann ebenfalls vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger nur wenige bzw. – in atypischen Fällen – nur einen Abnehmer hat. Sollte der Steuerpflichtige nur für einen Vertragspartner tätig sein, kann gleichwohl eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegen, sofern die gewerbliche Betätigung für einen außenstehenden Dritten erkennbar wird.

Ansonsten ist entscheidend, ob der Steuerpflichtige mit einem anderen Vertragspartner kontrahieren würde, wenn das Geschäft mit dem vorherigen (ausschließlichen) Vertragspartner nicht zustande gekommen wäre oder nicht fortgeführt werden sollte.

Zunächst stellt der BFH klar, dass nicht allein aus dem beträchtlichen Kreditvolumen ein gewerblicher Aspekt der Tätigkeit des K abgeleitet werden kann. Denn K hat die Darlehen nicht in seiner Eigenschaft als Marktteilnehmer, sondern im Hinblick auf seine unmittelbare bzw. mittelbare Beteiligung an der Y-GmbH gewährt. Insbesondere hat er nicht wie ein Kreditinstitut andere Unternehmen als die Gesellschaften der X-Gruppe oder Privatkunden mit Krediten bedient.

Stattdessen stellte er nur solchen Gesellschaften ein Darlehen zur Verfügung, an denen er unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Ähnlich wie bei der Unterscheidung zwischen einem gewerblichen Wertpapierhandel und der privaten Vermögensverwaltung ist bei der Abgrenzung einer gewerblichen Kreditvergabe von einer privaten Vermögensverwaltung zu prüfen, ob Darlehen an verschiedene Personen bankgeschäftsähnlich vergeben wurden.

Ein Tätigwerden ausschließlich für eigene Rechnung deutet im Regelfall darauf hin, dass der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird. K hat dabei versucht, seine im Privatvermögen gehaltene unmittelbare bzw. mittelbare Beteiligung an der Y-GmbH zu stärken.

Dies spricht gerade dafür, dass es sich bei der Tätigkeit des K um eine private Vermögensverwaltung handelte. Der hohe Fremdfinanzierungsgrad ist dabei ohne entscheidende Bedeutung. Auch die Überlassung der Darlehen an die Y-GmbH hat keine Betriebsaufspaltung begründet, die zu einer gewerblichen Tätigkeit des K geführt hätte.

Denn es fehlt an der erforderlichen sachlichen Verflechtung zwischen K und der Y-GmbH. Die Darlehen, die K der Y-GmbH gewährt hat, stellen für diese keine wesentliche Betriebsgrundlage dar. Darlehen, welche dem Betriebsunternehmen gewährt werden, stellen ebenfalls keine wesentliche Betriebsgrundlage dar, die eine Betriebsaufspaltung begründen können.

Der Ausfall der Darlehensforderung führt auch nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten des K i.S.d. § 17 EStG, da er während dieses Zeitraums nur noch mittelbar an der Y-GmbH beteiligt war.

Keine Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG.

Dies gilt für private Darlehens- und Gesellschafterforderungen nur dann, wenn die Forderung nach dem 31.12.2008 angeschafft oder begründet wurde. Dies war bei K jedoch nicht der Fall, die Forderungen wurden davor begründet.

Abzugsfähigkeit der Refinanzierungskosten

Allerdings sind die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG zumindest bis zur Auflösung der Y-GmbH erfüllt. Denn K als Darlehensgeber war eine der Anteilseignerin der X-GmbH nahestehenden Person. Dies gilt auch, wenn (vereinbarte) Zinszahlungen von der Gesellschaft tatsächlich nicht erbracht werden.

Lässt der (wesentlich) beteiligte Gesellschafter der Gesellschaft Geldmittel zukommen, kommt neben einem Abzug der hierfür entstandenen Refinanzierungszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (Erträge aus Kapitalforderungen) auch der Abzug bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Gewinnanteile) in Betracht, ggf. auch eine anteilige Zuordnung.

Refinanzierungszinsen können als nachträgliche Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewinnanteilen abziehbar sein, sofern ein Veranlassungszusammenhang mit den Beteiligungserträgen besteht.

Da für die Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten grundsätzlich auf den ursprünglichen, mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck und damit auf die erstmalige Verwendung der Darlehensmittel abgestellt wird, ist eine ggf. anteilige Zuordnung zu den jeweiligen Kapitaleinkünften gem. § 20 Abs. 1 EStG vorzunehmen.

Hierzu fehlen jedoch Feststellungen des Finanzgerichts (FG), so dass der BFH das Verfahren an das FG zurückverwies. Der BFH gab dazu dem FG den Hinweis, auch die Überschusserzielungsabsicht des K bezüglich der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu prüfen.

Praxishinweis

Der BFH hat seine Rechtsprechung weiter konkretisiert: Die gewerbliche Darlehenshingabe verlangt eine „bankähnliche“ bzw. „bankentypische“ Tätigkeit. Bloße Darlehensgewährungen führen zu keiner sachlichen Verflechtung und begründen keine Betriebsaufspaltung.

Der Steuerpflichtige kann als Gläubiger der Kapitalerträge jedenfalls dann eine der Anteilseignerkapitalgesellschaft nahestehende Person i.S.d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG sein und Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen, wenn er aufgrund seiner Beteiligung an dieser über die Mehrheit der Stimmrechte in deren Gesellschafterversammlung verfügt.

BFH, Urt. v. 09.07.2019 - X R 9/17

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht