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Einkommensteuer -

Lohnsteuer: Freigrenze für steuerfreie Sachleistungen

Wann greift die 44 €-Freigrenze für Sachzuwendungen? Wann gelten sie als laufender Arbeitslohn? Nach dem BFH gilt: Die Freigrenze greift auch dann, wenn Arbeitnehmer auf Kosten des Arbeitgebers vergünstigt an einem Fitnessprogramm teilnehmen können. Die Freigrenze ist auch anwendbar, wenn der Arbeitgeber Sachbezüge pauschal versteuert. Der BFH klärte zudem den Begriff des „üblichen Endpreises“.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 07.07.2020 (VI R 14/18) dazu Stellung genommen, ob die Teilnahme eines Angestellten an einem Fitnessprogramm bei diesem zu lohnsteuerpflichtigem Lohn führt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Klägerin A, die 20 Arbeitnehmer beschäftigte, schloss mit JP einen als „Firmenfitness-Mitgliedschaftsvereinbarung“ bezeichneten Vertrag über die Nutzung der X-Fitness-Anlagen.

Als X-Fitness bot JP für Unternehmen ein Programm an, das den Beschäftigten der Vertragspartner die Möglichkeit bot, deutschlandweit die Anlagen der angeschlossenen Partnereinrichtungen zu nutzen.

Das Programm sah vor, dass die Unternehmen zu einem ermäßigten Preis eine bestimmte Anzahl von Nutzungslizenzen erwarben und damit das Recht erhielten, ihren Beschäftigten die Trainingsmöglichkeit bei sämtlichen Partnern der X-Fitness einzuräumen. X-Fitness stellte aufgrund entsprechender Verträge die Nutzungsmöglichkeit der Anlagen für die Teilnehmer sicher.

A hatte für die von ihr erworbenen 20 Lizenzen pro Monat jeweils netto 42,25 € (Einheitstarif) zu zahlen. Mit dieser Vergütung war neben der Vermittlungs- und Beratungstätigkeit von JP auch die grundsätzliche Nutzung der Anlagen für die Arbeitnehmer der A abgegolten.

Bei den Anlagen handelte es sich in der Regel um Fitnessstudios. Die teilnehmenden Arbeitnehmer der A erhielten gegen Zahlung einer unmittelbar an X-Fitness zu entrichtenden Gebühr i.H.v. 15 € anschließend einen Mitgliedsausweis, der zum Ende der Trainingsberechtigung zurückzugeben war.

Alle Beschäftigten der A, die sich für das Firmenfitnessprogramm anmeldeten, zahlten an diese monatlich einen Eigenanteil in Höhe von zunächst 16 €, der sich später auf 20 € erhöhte.

A ging davon aus, dass durch die Teilnahme der Arbeitnehmer an dem Firmenfitnessprogramm die 44-€-Freigrenze gem. § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG aufgrund der von den Beschäftigten zu leistenden Eigenanteile nicht überschritten werde und deshalb kein geldwerter Vorteil zu versteuern sei. Darüber entstand mit dem zuständigen Finanzamt Streit. Finanzgericht und BFH folgten A.

Gewährung von Sachbezug durch A

Einleitend stellt der BFH klar, dass es sich bei der Teilnahme am Fitnessprogramm für die Arbeitnehmer um grundsätzlich steuerbaren Sachbezug und damit Lohn handelt.

Dieser ist allerdings von der Besteuerung auszunehmen, wenn der monatliche Bezug die Freigrenze von 44 € nicht übersteigt. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Zuwendungen pauschal gem. § 37b EStG hätten besteuert werden können.

Anwendung der 44-€-Freigrenze

Im Rahmen der Prüfung, ob Sachzuwendungen die 44-€-Freigrenze überschreiten oder nicht, ist die Bewertung der fraglichen Zuwendungen gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG vorzunehmen. Gegenstand der Bewertung sind die von A ihren Arbeitnehmern zugewandten Sachbezüge.

Hierbei handelte es sich um die von A gegenüber ihren Arbeitnehmern verbilligt zugewandten Trainingsberechtigungen. Die Zuwendung bestand in der Einräumung eines verbilligten Nutzungsrechts der Anlagen.

Allein durch die Übergabe der schriftlichen Trainingsberechtigung bzw. durch den Erwerb des Mitgliedsausweises hat A den Arbeitnehmern keinen verbrieften Anspruch gegen X-Fitness auf Nutzung der Anlagen eingeräumt.

Unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen den Arbeitnehmern und JP bzw. X-Fitness bestanden nicht. Vielmehr hatten die Arbeitnehmer (lediglich) gegenüber A einen (fortlaufend zu erfüllenden) Anspruch darauf, dass sie die Anlagen (verbilligt) nutzen konnten.

Die Arbeitnehmer waren zudem nur insoweit zum Training in den Anlagen berechtigt, als sie in den von der Klägerin stets aktuell zu haltenden und an X-Fitness zu übersendenden Namenslisten verzeichnet waren.

Zuflusszeitpunkt der geldwerten Vorteile

Diese geldwerten Vorteile sind den teilnehmenden Arbeitnehmern monatlich zugeflossen. Maßgeblich für den Zeitpunkt des Zuflusses ist, ob der Arbeitslohn einem (laufenden) Lohnzahlungszeitraum zugehörig gezahlt wird oder nicht.

Als Lohnzahlungszeitraum ist der Zeitraum anzusehen, für den der Arbeitslohn gezahlt wird; er richtet sich nach den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen. Wird Arbeitslohn nicht laufend gezahlt, handelt es sich hingegen um einen sonstigen Bezug. Zu den sonstigen Bezügen gehören damit jene Lohnzahlungen, deren Zahlungszeiträume sich von dem regelmäßigen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich unterscheiden.

Einen sonstigen Bezug stellen also Zahlungen dar, welche entweder nicht für bestimmte (aufeinanderfolgende) Zeiträume erfolgen, oder solche, welche den üblichen Lohnzahlungszeitraum erheblich überschreiten.

Nach diesen Maßstäben handelte es sich bei den verbilligten Trainingsberechtigungen, die A ihren Arbeitnehmern zugewandt hat, um laufenden Arbeitslohn, welcher den Arbeitnehmern regelmäßig und nicht einmalig im Kalenderjahr mit der Aushändigung der Trainingsberechtigung bzw. des Mitgliedsausweises zufloss.

Durch die bloße Aushändigung der ausgedruckten Trainingsberechtigung bzw. des Mitgliedsausweises hatte A ihr Leistungsversprechen gegenüber ihren Arbeitnehmern noch nicht erfüllt, da diese Papiere keinen verbrieften Anspruch gegen X-Fitness auf Nutzung der Anlagen beinhalteten.

A erfüllte das vertragliche Versprechen vielmehr fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit. Diese stand den Arbeitnehmern während der (monatlichen) Lohnzahlungszeiträume ständig zur Verfügung. Der Zufluss kann dabei nicht mit dem Entstehen des Nutzungsrechts, sondern erst mit der laufenden Nutzungsmöglichkeit angenommen werden.

Es handelt sich um die sukzessive Erfüllung der auf dem Arbeitsverhältnis beruhenden Vereinbarung zwischen A und den am Firmenfitnessprogramm teilnehmenden Arbeitnehmern. Die fraglichen Zuwendungen erfolgten damit nicht abweichend von den laufenden (monatlichen) Lohnzahlungszeiträumen.

Insoweit ist es für das Vorliegen von laufendem Arbeitslohn insbesondere ohne Bedeutung, dass eine Kündigung der Vereinbarung über die Teilnahme am Betriebssport durch die betreffenden Arbeitnehmer nur zum Ende eines Jahres möglich war.

Ebenso ist es für die Frage des Zuflusses unerheblich, ob die Vereinbarung über die Teilnahme an dem Firmenfitnessprogramm befristet oder unbefristet erfolgte. Denn dies ändert nichts daran, dass A ihre Verpflichtung, den Arbeitnehmern eine vergünstigte Trainingsberechtigung zur Verfügung zu stellen, fortlaufend während der regelmäßigen Lohnzahlungszeiträume erfüllte.

Nach alledem ist für die Bewertung der Sachbezüge der monatlich zugeflossene geldwerte Vorteil maßgeblich. Dieser ist mit dem üblichen Endpreis am Abgabeort, der um übliche Preisnachlässe gemindert ist, anzusetzen.

Ist der übliche Endpreis des Sachbezugs nicht festzustellen, ist er zu schätzen. Somit sind die von der Klägerin ihren Arbeitnehmern im Streitfall zugewandten Sachbezüge nämlich anhand der Kosten zu bewerten, die A als Arbeitgeberin hierfür aufgewandt hat.

Denn eine identische oder gleichartige Dienstleistung, wie sie A ihren Arbeitnehmern mit den Trainingsberechtigungen verbilligt zugewandt hat, wurde fremden Endverbrauchern am Markt überhaupt nicht angeboten.

Die Nutzung der von X-Fitness bundesweit vermittelten Anlagen wurde nur gegenüber Unternehmen angeboten, welche eine bestimmte Anzahl von Nutzungslizenzen erwarben. Endverbraucher wie die Arbeitnehmer der A hatten daher keine Möglichkeit, eine solche Trainingsberechtigung zu erwerben.

Die Trainingsberechtigung war angesichts der Vielzahl der Anlagen und der Verschiedenartigkeit der dort angebotenen (sportlichen) Aktivitäten auch nicht mit einer üblichen Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio vergleichbar.

Wird eine identische oder vergleichbare Leistung fremden Endverbrauchern am Markt nicht angeboten, ist eine Schätzung des mit dem verbilligten Leistungsbezug verbundenen geldwerten Vorteils anhand der Kosten des Arbeitgebers grundsätzlich möglich.

Nach diesen Maßstäben war die 44-€-Freigrenze nicht überschritten. A hatte nach der Firmenfitness-Mitgliedschaftsvereinbarung für 20 Trainingslizenzen 1.005,55 € zu zahlen, so dass die Kosten der A pro Lizenz 50,28 € einschließlich Umsatzsteuer betrugen.

Abzüglich der von Arbeitnehmern an A geleisteten Zuzahlungen von monatlich 16 € (Januar 2011 bis Januar 2014) bzw. 20 € (ab Februar 2014) waren die Sachbezüge, die A ihren an dem Firmenfitnessprogramm teilnehmenden Arbeitnehmern monatlich in Form der verbilligten Trainingsberechtigungen zuwandte, folglich mit 34,28 € (Januar 2011 bis Januar 2014) bzw. 30,28 € (ab Februar 2014) zu bewerten. Die Sachbezüge blieben damit gem. § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG außer Ansatz.

Praxishinweis

Der BFH hat eine für die Praxis wichtige Entscheidung getroffen, weil eine Vielzahl von Arbeitgebern ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zur vergünstigten Teilnahme an Fitnessprogrammen verschafft.

Der BFH hat nun klargestellt, dass

  • die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG auch anwendbar ist, wenn der Arbeitgeber die betrieblich veranlassten Sachzuwendungen an seine Arbeitnehmer pauschal gem. § 37b EStG versteuert,
  • Sachbezüge aufgrund der Teilnahme an einem Firmenfitnessprogramm laufender Arbeitslohn sind, wenn der Arbeitgeber sein vertragliches Versprechen, den teilnehmenden Arbeitnehmern die Nutzung bestimmter Fitnesseinrichtungen zu ermöglichen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit erfüllt,
  • der übliche Endpreis i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG der Preis ist, welcher im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren oder Dienstleistungen tatsächlich gezahlt wird. Wird eine Ware oder Dienstleistung an Endverbraucher i.d.R. nicht vertrieben, kann der Sachbezug grundsätzlich auch anhand der Kosten bemessen werden, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat. Allerdings ist eine abweichende Wertbestimmung möglich, wenn konkret darlegt werden kann, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert des Sachbezugs nicht entspricht.

BFH, Urt. v. 07.07.2020 - VI R 14/18

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht