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Einkommensteuer -

Rücklagenauflösung bei einer GmbH-Verschmelzung

Welche Folgen hat die Verschmelzung einer GmbH auf eine andere GmbH bei Rücklagen? Wann muss die §-6b-Rücklage noch in der Bilanz der Rechtsvorgängerin gewinnerhöhend aufgelöst werden? Ist die Reinvestitionsfrist bereits am Verschmelzungsstichtag abgelaufen, folgt daraus nach einem aktuellen BFH-Urteil, dass die Auflösung dieser Rücklage in der Bilanz der übertragenden GmbH vorzunehmen ist.

Mit Urteil vom 29.04.2020 (XI R 39/18) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine Auflösung der Rücklage nach § 6b EStG noch in der Bilanz der übertragenden GmbH vorzunehmen ist, auch wenn diese in dem jeweiligen Jahr verschmolzen wurde. Eine Übertragung auf Wirtschaftsgüter der übernehmenden GmbH ist nicht möglich.

Sachlage im Streitfall

Die B-GmbH hat aufgrund eines Immobilienverkaufs eine Rücklage i.S.d. § 6b EStG gebildet. Vier Jahre nach der Bildung der Rücklage nach § 6b EStG wurde die B-GmbH auf die A-GmbH mit siebenmonatiger Rückwirkung auf das Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres verschmolzen.

Bei der übernehmenden A-GmbH hätte die §-6b-Rücklage auf ein neu erworbenes Grundstück übertragen werden können. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde diese Übertragung jedoch beanstandet, die §-6b-Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst und entsprechende Zinsen festgesetzt.

Die Klage hatte zunächst vor dem Finanzgericht Erfolg. Der Revision des Finanzamts gab der BFH jedoch statt.

Auflösung einer §-6b-Rücklage

Nach § 6b EStG können Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden auf andere Grundstücke oder Gebäude übertragen werden, wenn diese in dem Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschafft wurden.

Sollten in diesem Zeitraum keine Wirtschaftsgüter angeschafft worden sein, kann eine Rücklage für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren gebildet werden. Diese kann bei Anschaffung entsprechender Wirtschaftsgüter auf diese durch Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten übertragen werden.

Kann eine Übertragung der Rücklage auf Wirtschaftsgüter mangels Anschaffung nicht erfolgen, ist die Rücklage spätestens in dem vierten Wirtschaftsjahr nach der Veräußerung gewinnerhöhend aufzulösen.

Diese Auflösung hat nach der Auffassung des BFH im Streitfall auch zu erfolgen, da bei der B-GmbH keine Wirtschaftsgüter bis zum Ablauf der vier Jahre angeschafft wurden. Die §-6b-Rücklage kann auch von der Gesamtrechtsnachfolgerin der A-GmbH nicht genutzt werden, da die Reinvestitionsfrist bereits am Verschmelzungsstichtag abgelaufen war.

Der erst anschließende Übergang auf die Rechtsnachfolgerin ist für eine begünstigte Übertragung „zu spät“ erfolgt, um diese noch berücksichtigen zu können.

Praxishinweis

Das Urteil des BFH ist jedoch abzugrenzen von dem BFH-Urteil vom 22.11.2018 (VI R 50/16). Nach diesem Urteil ist eine Übertragung innerhalb der laufenden Frist auf den Gesamtrechtsnachfolger möglich. Mit dem aktuellen Urteil stellt der BFH jedoch klar, dass eine auch am Tag vor der Verschmelzung abgelaufene Investitionsfrist auch für den übernehmenden Rechtsträger weitergilt.

Die §-6b-Rücklage ist vorteilhaft, um bei kleinen und mittleren Unternehmen Liquidität aus einer Veräußerung zu sichern und diese wieder reinvestieren zu können. Steuerberater sollten ihre Mandanten auf dieses Instrument hinweisen, um bei einer Reinvestition zusätzlichen Spielraum zu schaffen. Dabei sollte jedoch die Reinvestitionsfrist beachtet werden, da bei einer unterbliebenen Investition Zinsen i.H.v. 6 % p.a. festgesetzt werden.

BFH, Urt. v. 29.04.2020 - XI R 39/18

Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, Diplom-Finanzwirt (FH)