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Einkommensteuer, Steuerberatung -

Solaranlagen: Wann greift die Steuerbefreiung?

Für welche Bestandteile von Solar- und Photovoltaikanlagen greift die Steuerbefreiung nach dem Stromsteuergesetz (StromStG)? Der BFH hat für sog. Wechselrichter, die den erzeugten Strom für den Energiemarkt umwandeln, entschieden: Wechselrichter sind erforderliche Neben- und Hilfsanlagen nach der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV), so dass der für sie eingesetzte Strom steuerfrei ist.

Bei Photovoltaikanlagen muss der erzeugte Gleichstrom über sogenannte Wechselrichter in marktgängigen Wechselstrom umgewandelt werden. Für die Kühlung der Wechselrichter im Sommer bzw. zur Beheizung im Winter ist außerdem Strom erforderlich, der von den Anlagenbetreibern aus dem Stromnetz bezogen wird.

In dem am 06.10.2015 vom BFH entschiedenen Fall beantragte eine Solarparkbetreibergesellschaft, den auf die Wechselrichter entfallenden Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei zu stellen. Nach dieser Regelung ist die Entnahme von Strom von der Stromsteuer befreit, soweit dieser der Stromerzeugung dient.

Dienen Wechselrichter der Stromerzeugung?

Das zuständige Hauptzollamt lehnte den Antrag jedoch ab, da Wechselrichter seiner Ansicht nach keine Neben- und Hilfsanlagen seien, die der Stromerzeugung dienen. Auch das angerufene FG urteilte, dass der für den Betrieb der Wechselrichter verbrauchte Strom nicht der Stromerzeugung im technischen Sinne dienen würde.

Nach seiner Auffassung handelt es sich bei den Wechselrichtern nicht um Neben- und Hilfsanlagen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV, die der Stromerzeugung dienen. In der Verordnung werden als entsprechend begünstigte Vorrichtungen insbesondere Anlagen der Wasseraufbereitung, der Dampferzeugerwasserspeisung, der Frischluftversorgung und der Brennstoffversorgung genannt. Nach Ansicht des FG unterscheide das StromStG auch nicht zwischen Gleichstrom und Wechselstrom, demnach sei mit der Erzeugung des Gleichstroms der Vorgang der Stromerzeugung bereits abgeschlossen.

Output-Prinzip hat Vorrang

Gänzlich anders beurteilte der BFH den Fall. Nach seiner Einschätzung können die Wechselrichter durchaus als Hilfs- und Nebenanlagen, die für die Stromerzeugung notwendig sind, angesehen werden. Vorrichtungen sind laut BFH dann begünstigt, wenn ohne diese keine Stromerzeugung möglich ist. Davon zu unterscheiden sind Anlagen, die bei isolierter Betrachtung für die Stromerzeugung nicht erforderlich sind. Hierzu zählen beispielsweise Anlagen, die der Herstellung von Energieerzeugnissen dienen. Auch die Regelungen des Unionrechts im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 S. 1 EnergieStRL bestätigen dies. Nach dem unionsrechtlichen sogenannten Output-Prinzip wird lediglich der Output, also der produzierte Strom, besteuert. Die zur Stromerzeugung eingesetzten Erzeugnisse sind dagegen grundsätzlich von der Steuer befreit.

Auf das Endprodukt kommt es an

Der Begriff der Stromerzeugung lässt sich nach Auffassung des BFH auch nicht auf die Produktion von Gleichstrom als erste Herstellungsstufe beschränken. Nach Sinn und Zweck von § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG muss auf das Endprodukt abgestellt werden, somit also auf den marktgängigen Wechselstrom. Dies bezieht dann im Ergebnis alle Produktionsstufen – auch die des ursprünglichen Gleichstroms – mit ein.

Der BFH hat im Streitfall offengelassen, ob Wechselrichter schon aufgrund des im EEG verankerten Begriffs der Inbetriebnahme ggf. als Neben- oder Hilfsanlagen der Stromerzeugung anzusehen sind, da das EEG insoweit auf das Streitjahr 2010 nicht anzuwenden war.

Praxishinweis

Für neu in Betrieb genommene Photovoltaikanlagen wurde die Einspeisevergütung durch das EEG 2014 nennenswert reduziert. Demnach sollte die Möglichkeit genutzt werden und der Antrag auf Steuerbefreiung des Stromverbrauchs bei Wechselrichtern gestellt werden. Außerdem ist zu prüfen, inwieweit bereits erfolgte Festsetzungen noch geändert werden können. Gegebenenfalls ist auch das Nachrüsten von Verbrauchszählern an den Wechselrichtern erforderlich.

BFH, Urt. v. 06.10.2015 - VII R 25/14

Quelle: Thorsten Wagemann, Steuerberater, Diplom-Wirtschaftsjurist