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Einkommensteuer -

Steuervorteil bei Realteilung und Auflösung einer Sozietät

Wann gilt der begünstigte Steuersatz bei Auflösung einer Freiberufler-GbR? Und wann greift für den Aufgabegewinn der Steuervorteil? Nach dem BFH hängt dies davon ab, ob mit der Realteilung die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit aufgegeben wurden. Im Streitfall war das Vermögen einer Rechtsanwaltssozietät auf Nachfolgegesellschaften übertragen worden.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob bei einer Realteilung die Tarifbegünstigung und damit ein begünstigter Steuersatz zur Anwendung kommen.

Die Gesellschafter einer Rechtsanwalts-GbR (Sozietät) vereinbarten, die Gesellschaft mit wirtschaftlicher Wirkung zum 02.01.2001 aufzulösen und das Betriebsvermögen auf Nachfolgegesellschaften zu übertragen. Die Partner gründeten einige Monate später eine GbR, auf die sämtliche Aktiva und Passiva der aufgelösten Gesellschaft übertragen wurden.

Laut Gesellschaftsvertrag der GbR wurden die Kapitalkonten mit den Beträgen eröffnet, die den Partnern auf ihren Kapitalkonten bei der Sozietät für die Übernahme von Wirtschaftsgütern im Rahmen der Realteilung belastet worden waren.

Der Gesellschaftsvertrag der aufgelösten Sozietät sah u.a. vor, dass die Partner gegen Zahlung einer Abfindung für die vorzeitige Aufgabe der Gesellschafterstellung und die dadurch entgehenden Einkünfte aus der GbR ausscheiden sollten.

In Höhe der Abfindungen wurden korrespondierend bei den Nachfolgegesellschaften jeweils entsprechend höhere Anschaffungskosten der Gesellschafter berücksichtigt. Einer der Gesellschafter der Sozietät war der Ansicht, dass der Aufgabegewinn als tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn zu behandeln sei. Das Finanzamt (FA) und das Finanzgericht sahen dies ebenso wie der BFH anders.

Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG

Die Tarifbegünstigung erfordert auch im Fall der echten Realteilung einer freiberuflichen Praxis, dass alle auf einen Realteiler entfallenden stillen Reserven zusammengeballt und in einem wirtschaftlichen Vorgang vollständig aufgedeckt werden.

Hierfür genügt es nicht, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit mit ihrer Auflösung unter Aufdeckung aller stillen Reserven einstellt. Die Frage, ob ein dem Gesellschafter aus der Aufgabe der Sozietät zuzurechnender Gewinnanteil begünstigt ist, ist bezogen auf jeden Gesellschafter zu prüfen.

Aber auch dadurch, dass der Realteiler selbst seine freiberufliche Tätigkeit im örtlichen Wirkungskreis zumindest für eine gewisse Zeit tatsächlich nicht mehr auf „eigene Rechnung“ ausübt, erfüllt er nicht automatisch die Voraussetzungen für die Gewährung der Tarifbegünstigung. Maßgebend ist vielmehr, dass er die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen freiberuflichen Tätigkeit aufgibt.

Hieran fehlt es im Streitfall. Der klagende Rechtsanwalt hat nicht bereits mit der Realteilung der Sozietät die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen freiberuflichen Tätigkeit aufgegeben.
Vielmehr hat er diese geplant auf die GbR übergeleitet und dort verwertet. Er hat den ihm im Zuge der Realteilung zugewiesenen Mandantenstamm in der GbR verwertet, indem er in einem zweiten Schritt gegen Zahlung einer Abfindung aus der GbR ausgeschieden ist.

Dass der Kläger im Ergebnis seine freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis zeitnah im Zusammenhang mit der Realteilung der Sozietät und dem Ausscheiden aus der GbR eingestellt hat, genügt aufgrund des geplanten zweistufigen Vorgehens nicht für die Gewährung der Tarifbegünstigung aufgrund der Vollbeendigung der Sozietät.

Dabei sind die Realteilung der Sozietät und das Ausscheiden des Rechtsanwalts aus der GbR auch nicht als einheitlicher (wirtschaftlicher) Vorgang anzusehen. Die Beteiligten haben sich bewusst für eine mehraktige Gestaltung entschieden, die darauf basiert, dass der Kläger unter Verwertung der im Rahmen der Realteilung der Sozietät zugewiesenen Mandate erst aus der GbR ausscheidet.

Dass die Realteilung – anders als ursprünglich beabsichtigt – nicht buchwertneutral erfolgt ist, rechtfertigt keine andere Betrachtung.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung die steuerliche Behandlung der echten Realteilung weiter konkretisiert. Nachdem er erst jüngst festgestellt hatte, dass die echte Realteilung auch dann anzunehmen ist, wenn die ursprüngliche Gesellschaft nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Sachwertabfindung fortbesteht, hat er nun entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Aufgabegewinn tarifbegünstigt ist:

Der ausscheidende Gesellschafter muss mit der Auflösung der Sozietät nicht nur alle auf ihn entfallenden stillen Reserven zusammengeballt und in einem wirtschaftlichen Vorgang vollständig aufdecken, sondern auch die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner freiberuflichen Tätigkeit aufgeben. Damit hat der BFH für Klarheit und Rechtssicherheit gesorgt.

BFH, Urt. v. 15.01.2019 - VIII R 24/15

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht