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Einkommensteuer, Steuerberatung -

Gebäude-AfA: Wie wird der Kaufpreis aufgeteilt?

Welche Bedeutung hat die vertragliche Aufteilung des Kaufpreises zwischen Grundstück und Gebäude bei der Berechnung der Absetzung für Abnutzung – AfA? Der BFH hat entschieden, dass diese immer dann Grundlage der AfA-Berechnung ist, wenn sie nicht zum Schein getroffen wurde und keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt. Bei Zweifeln muss das Finanzamt alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen.

Beim Kauf von bebauten Grundstücken unterliegt lediglich der Gebäudeanteil einer planmäßigen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG. Substantielle Wertverluste des Grund und Bodens können nur im Rahmen einer außerplanmäßigen AfA berücksichtigt werden. Entsprechend liegt es im Interesse des Käufers, einen möglichst hohen Gebäudewert anzusetzen, um eine möglichst hohe steuerliche Gebäude-AfA zu erhalten.

Mit Urteil vom 16.09.2015 hat der BFH zum Prozedere einer Gesamtkaufpreisaufteilung zwischen Grund und Boden und Gebäude entschieden. Im Fall hatte ein Vermieter zwei Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus erworben. Gestützt auf ein Gutachten wurde der Kaufpreis im Kaufvertrag zu 60,24 % auf den Gebäudewert und zu 39,76 % auf Grund und Boden aufgeteilt. Auf Grundlage des Gebäudewerts wurde dann die planmäßige Gebäude-AfA vorgenommen.

Finanzamt setzt sich über Kaufpreisaufteilung hinweg

Das Finanzamt legte den Gebäudewert jedoch lediglich auf 35 % fest und kürzte dementsprechend den Betrag der AfA. Im Einspruchsverfahren ließ das Finanzamt die Aufteilung von einem Sachverständigen überprüfen; dieser ermittelte lediglich einen Gebäudewertanteil der beiden Eigentumswohnungen von 23 % bzw. 24 %. Nach Ansicht des Wohnungseigentümers war jedoch der vereinbarte Kaufpreis zugrunde zu legen, außerdem war vom damaligen Gutachter ein Abschlag auf den Bodenrichtwert von 15 % aufgrund wertbeeinflussender Merkmale des Grundstücks festgestellt worden.

Das angerufene FG gab im Ergebnis dem Eigentümer Recht: Es sah grundsätzlich die Kaufpreisaufteilung der Vertragsparteien als maßgeblich an. Hinweise auf ein Scheingeschäft oder einen Gestaltungsmissbrauch bzw. nennenswerte Zweifel an der Aufteilung sah das FG nicht. Das Finanzamt legte gegen das Urteil Revision ein.

Vorteilhafte Vertragsgestaltung allein ist noch kein Gestaltungsmissbrauch

Nach Ansicht des BFH ist die Kaufpreisaufteilung der Vertragsparteien nach Gebäudewert und Grund und Boden grundsätzlich maßgeblich für die AfA-Bemessungsgrundlage; dies geht auch aus der ständigen Rechtsprechung des BFH hervor. Im Interesse des Käufers liegende, für ihn vorteilhafte Vertragsgestaltungen sind grundsätzlich anzuerkennen und rechtfertigen allein noch keine abweichende Verteilung des Kaufpreises durch die Finanzbehörden.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn nennenswerte Zweifel an der Kaufpreisaufteilung und damit an der AfA-Bemessungsgrundlage bestehen. Dies kann bei einem Scheingeschäft oder einem Gestaltungsmissbrauch der Fall sein. Auch wenn eine Vereinbarung nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung zugrunde zu legen ist, können die Parteien jedoch angesichts der gebotenen Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nicht die Höhe der AfA gestalten.

Alle Besonderheiten müssen berücksichtigt werden

Für die Frage der Rechtmäßigkeit der Kaufpreisaufteilung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Der BFH weist hierzu als Beispiel für einzubeziehende Faktoren auf besondere Ausstattungsmerkmale des Gebäudes oder die Gegebenheiten der Nachbarschaft hin. Außerdem sind auch entsprechend wertbeeinflussende Kriterien des Grundstücks zu würdigen, so etwa eine gepflegte Gartenanlage oder störende Baumbestände.

Nach Ansicht des BFH ist jedoch eine vertragliche Aufteilung von Gebäudewert und Grund und Boden nur dann zu ändern, wenn diese die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und auch wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.   
Im Streitfall erfolgte eine Zurückverweisung an das Finanzgericht zur Feststellung von objektiven Aufteilungskriterien anhand der Verkehrswerte. Der allgemeine Hinweis auf fallende Bodenrichtwerte hat dem BFH nicht genügt.  

Praxishinweis

Der BFH stellt klar, dass sich eine Überprüfung einer Kaufpreisaufteilung bei Immobilien nach den Verkehrswerten zu richten hat. Der vertraglichen Aufteilung räumt der BFH einen hohen Stellenwert ein, für die Widerlegung dieser Aufteilung sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen.

Zur Erleichterung der Kaufpreisaufteilung bei Gebäuden hat das BMF eine „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück“ in MS-Excel herausgegeben. Diese kann für eine erste Einschätzung oder die Verifizierung einer getroffenen Kaufpreisaufteilung herangezogen werden. Die Arbeitshilfe stellt eine typisierte Bewertung dar und ist dementsprechend allgemein gehalten. Liegen besondere Umstände vor, sollten diese anhand geeigneter Bewertungsverfahren berücksichtigt werden.

Arbeitshilfe des BMF zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück v. 04.02.2015

BFH, Urt. v. 16.09.2015 - IX R 12/14
BFH, Urt. v. 01.04.2009 - IX R 35/08, BStBl 2009 II 663

Quelle: Thorsten Wagemann, Steuerberater, Diplom-Wirtschaftsjurist