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Steuerneutrale Betriebsübertragung bei Vorbehaltsnießbrauch?

Wann liegt eine steuerneutrale unentgeltliche Übertragung eines Betriebes nach § 6 Abs. 3 EStG vor? Behält sich ein Gewerbetreibender an einem Grundstück als einziger wesentlicher Betriebsgrundlage einen Nießbrauch vor, muss der Nachfolger ggf. stille Reserven aufdecken. Der BFH geht  in solchen Fällen davon aus, dass der bisherige Betriebsinhaber seine gewerbliche Tätigkeit fortführt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 25.01.2017 entschieden, dass ein Gewerbetreibender seinen Betrieb nicht steuerneutral, d.h. ohne Aufdeckung stiller Reserven, an seinen Nachfolger übergeben kann, sofern er sich den Nießbrauch vorbehält und die bisherige Tätigkeit fortführt. So hat Letzteres zur Folge, dass die Möglichkeit einer steuerneutralen unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs nach § 6 Abs. 3 EStG verwehrt wird und es zur Aufdeckung der stillen Reserven kommt.

Im aktuellen Fall hatte eine Steuerpflichtige ein Grundstück, auf dem sich eine von ihr verpachtete Gaststätte befand, auf ihren Sohn übertragen. Dabei behielt sie sich den Nießbrauch vor und verpachtete die Gaststätte weiterhin wie zuvor. Nach einer Außenprüfung ging das zuständige Finanzamt davon aus, dass die Übertragung des Grundstücks nicht steuerneutral ist.

Da das Grundstück die einzige Betriebsgrundlage war, stellte das Finanzamt einen steuerpflichtigen, wenn auch steuerbegünstigten Entnahmegewinn fest. Nach erfolglosem Einspruch und anschließender Klage bestätigte das Finanzgericht Münster die Sichtweise des Finanzamts. Auch der BFH schloss sich dieser Auffassung an und wies die Revision als unbegründet zurück.

Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs

Grundsätzlich sind bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils an einem Betrieb im Rahmen der Gewinnermittlung die Ansätze des bisherigen Betriebsinhabers anzusetzen – mit dem Ergebnis, dass keine stillen Reserven aufgedeckt werden müssen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die (spätere) Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Unerheblich ist auch, ob ein ruhender oder verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb übertragen wird.

Der BFH fordert in seinem Urteil zusätzlich, dass dem Erwerber eine betriebliche Betätigung ermöglicht wird und sich im Gegenzug der Übertragende einer weiteren Tätigkeit im übertragenen Gewerbebetrieb enthält.

Unterschied bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben

Abzugrenzen ist die steuerneutrale Übertragung eines Gewerbebetriebs von einer steuerneutralen Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt. Eine solche Übertragung ist nach der Rechtsprechung steuerneutral möglich – dies gilt jedoch nicht für die Übertragung von Gewerbebetrieben.

Bei Letzterer ist vielmehr entscheidend, dass der Begriff „Gewerbebetrieb“ eine tätigkeitsbezogene Komponente aufweist. Somit reicht es nicht aus, dass der Gewerbetreibende nur die Betriebsmittel überträgt. Er muss vielmehr auch seine durch den betrieblichen Organismus bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgeben.

Der BFH bestätigt durch dieses Urteil seine bisherige Rechtsprechung in Bezug auf die unentgeltliche Übertragung von Gewerbebetrieben und grenzt diese von der Rechtsprechung zur Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ab. Da bei diesen keine Einstellung der Tätigkeit vorausgesetzt wird, wendet der BFH weiterhin § 6 Abs. 3 EStG bei unentgeltlichen Übertragungen unter Vorbehaltsnießbrauch an.

Praxishinweis

Steuerpflichtige sollten diese Rechtsprechung bei der unentgeltlichen Übertragung ihres Gewerbebetriebs berücksichtigen und nach Alternativen für die Absicherung des Ruhestands suchen. Beispielsweise kann anstelle eines Vorbehaltsnießbrauchs auch eine private Versorgungsrente vereinbart werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH bleibt es nämlich auch dann insgesamt bei einem unentgeltlichen Übertragungsvorgang, wenn die Versorgungsrente nicht kaufmännisch abgewogen wurde. Falls der Übertragende jedoch an einer Tätigkeit in seinem ehemaligen Unternehmen interessiert ist, so kommt eine freie Mitarbeit in Betracht.

BFH, Urt. v. 25.01.2017 - X R 59/14

Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper