Wann greift die Steuerpflicht beim Handel mit sog. Kryptowährungen? Das Finanzgericht Nürnberg hat entschieden, dass Kryptowerte Wirtschaftsgüter darstellen, wenn die Rechtspraxis Wege gefunden hat, den kommerzialisierbaren Teil der Rechtsposition entgeltlich einem Dritten zu überlassen und wirtschaftlich zu verwerten. Zudem ging das Gericht auf die Anwendbarkeit von FiFo- und LiFo-Methode ein.
Das FG Nürnberg (FG) hat mit Urteil vom 22.01.2025 (3 K 760/22) entschieden, dass auch sogenannte „Memecoins“ steuerlich relevant sein können, sofern sie nach der Verkehrsanschauung ein selbständig bewertbares Spekulationsobjekt darstellen, dessen Veräußerung innerhalb der Jahresfrist steuerpflichtig ist.
Erträge aus „Income“-Zuflüssen (z.B. Staking, Lending und Airdrops von Kryptowerten) können zudem sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG darstellen, sofern die Erträge wirtschaftlich aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen resultieren.
Sachlage im Streitfall
Der Kläger gab in seiner Steuererklärung einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften aus dem Handel mit Kryptowährungen an. Dieser wurde zunächst vom Finanzamt (FA) nicht berücksichtigt, später jedoch im Rahmen einer Änderung des Steuerbescheids in die Besteuerung einbezogen.
Der Kläger legte gegen den Steuerbescheid Einspruch ein und argumentierte, dass Kryptowährungen nicht als Wirtschaftsgüter zu qualifizieren und Erträge aus der Veräußerung daher nicht steuerpflichtig seien. Zudem verwies er auf ein strukturelles Vollzugsdefizit in der Besteuerung von Kryptowährungen.
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens legte der Kläger umfangreiche Unterlagen und Erläuterungen zur Berechnung seiner Gewinne mit Hilfe von Programmen wie CoinTracking und BitcoinTax vor.
Dabei wies er auf zahlreiche technische und inhaltliche Schwierigkeiten bei der Datenaufbereitung hin (beispielsweise fehlerhafte API-Importe und unklare Zuordnung von Airdrops).
Das FA akzeptierte grundsätzlich die vom Kläger ermittelte Gewinnhöhe, wertete jedoch zusätzlich Einnahmen aus sogenannten „Income“-Zuflüssen als steuerpflichtige sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG, was zu einer weiteren Erhöhung der Einkommensteuernachzahlung führte.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren sah das FG die Klage des Klägers als unbegründet an und wies diese daher zurück.
Besteuerung von Kryptowährungen
Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind Einkünfte aus der Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern als Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter nicht mehr als ein Jahr beträgt.
Als andere Wirtschaftsgüter können Sachen und Rechte, tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und vermögenswerte Vorteile jedweder Art eingeordnet werden, soweit diese im Privatvermögen gehalten werden.
Nach der Rechtsprechung des BFH können danach auch elektronische Daten in Form einer Dokumentation einer fortgesetzten Signaturkette auf einer Blockchain für die Qualifizierung als Wirtschaftsgut ausreichen, wenn die Rechtspraxis Wege gefunden hat, den kommerzialisierbaren Teil der Rechtsposition entgeltlich einem Dritten zu überlassen und wirtschaftlich zu verwerten.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Nach Auffassung des FG ist für die Einordnung eines Kryptowerts als Wirtschaftsgut nicht maßgeblich, ob es sich konkret um einen Currency Token, Utility Token, Security Token oder eine hybride Form handelt.
Entscheidend sei vielmehr, dass aus Sicht der an entsprechenden Transaktionen beteiligten Verkehrskreise dem betreffenden Kryptowert eine vermögensmäßige Bedeutung im Sinne einer wirtschaftlichen Chance oder Möglichkeit beigemessen wird, welche über Börsenplätze im Internet ermittelt werden kann (so auch schon BFH, Urt. v. 14.02.2023 - IX R 3/22).
Dies zeigt sich insbesondere darin, dass Zahlungsbereitschaft für den Kryptowert besteht und idealerweise ein über das Internet feststellbarer Marktpreis existiert.
Eine Beurteilung aus Sicht eines vernünftigen Kaufmanns oder die praktische Umsetzbarkeit einer Veräußerung im betrieblichen Kontext ist nach dieser Rechtsauffassung hingegen nicht mehr zwingend erforderlich.
Die Erträge, die ein Steuerpflichtiger aus der zeitweisen Hingabe von Kryptowerten z.B. aus Airdrops oder Staking erhält, sind daher als sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren, sofern ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Steuerpflichtigen und dem Zufluss besteht.
Airdrops, die ein Steuerpflichtiger ohne Gegenleistung, wie z.B. die Hingabe von Daten oder die Aktivität auf bestimmten Plattformen, erhält, können danach auch nicht einkommensteuerpflichtig sein. Alternativ bestünde in diesem Fall jedoch die Möglichkeit, dass der Airdrop schenkungsteuerpflichtig ist.
Praxishinweis
Das FG widerspricht zudem der auch im am 06.03.2025 neu erlassenen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (IV C 1 - S 2256/00042/064/043) vertretenen Auffassung, dass neben der Einzelbetrachtung zwingend die FiFo-Methode (First in First out) als zulässige Verwendungsreihenfolge bei der Veräußerung von Kryptowerten anzuwenden sei.
Im Streitfall hatte der Kläger die LiFo-Methode (Last in First out) in Abhängigkeit von der jeweiligen Währung und dem betreffenden Wallet angewandt. Diese Vorgehensweise wird vom Gericht ausdrücklich als gesetzlich zulässig anerkannt, da es an einer speziellen gesetzlichen Regelung für Kryptowährungen fehlt - wie sie beispielsweise für Fremdwährungsgeschäfte in § 23 EStG vorgesehen ist.
Im Streitfall führte die LiFo-Methode für den Kläger zu einem günstigeren steuerlichen Ergebnis als die FiFo-Methode.
FG Nürnberg, Urt. v. 22.01.2025 - 3 K 760/22