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Verfahrensrecht -

Schätzung von Einnahmen: Folgen einer fehlerhaften Registrierkasse

Welche Regeln gelten bei der Schätzung von Einnahmen durch das Finanzamt infolge einer fehlerhaften elektronischen Registrierkasse? Nach dem BFH gilt: Auch im Fall der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) muss täglich ein Tagesendsummenbon („Z-Bon“) erstellt werden. Werden hierbei keine Stornierungen ausgewiesen, kann auch eine sog. Richtsatzschätzung vorgenommen werden.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 08.08.2019 entschieden, dass zu einer Erfassung der Bareinnahmen, auch im Fall der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung, die tägliche Erstellung eines Tagesendsummenbons (Z-Bon) erforderlich ist.

Weisen diese Z-Bons, wenn auch nur technisch bedingt, keine Stornierungen aus, so liegt ein schwerer formeller Fehler der Kassenaufzeichnungen vor. Folglich berechtigt dieser Fehler zu einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Diesbezüglich stellt die Richtsatzschätzung eine anerkannte Schätzungsmethode dar.

Sachlage im Streitfall

Ein Steuerpflichtiger erzielte aus dem Betrieb einer Gaststätte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. In seiner Steuererklärung wies er seinen Umsatz und seinen Wareneinsatz aus. Zur Aufzeichnung der Kasseneinnahmen nutzte er eine elektronische Registrierkasse.

Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das Finanzamt (FA) fest, dass die elektronische Registrierkasse so eingestellt worden war, dass die Tageseinnahmen durch Retouren gemindert werden konnten, ohne dass dies auf dem Z-Bon ausgewiesen wurde. Der Steuerpflichtige gab ferner an, dass sein Betrieb täglich geöffnet gewesen war, wobei er lediglich 149 Z-Bons vorgelegt hat.

Daraufhin verneinte das FA die formelle Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und schätzte unter Berücksichtigung der amtlichen Richtsatzsammlung und der betrieblichen Verhältnisse einen Betrag von 50.000 € hinzu.

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg bestätigte die Sichtweise des FA und führte insbesondere an, dass bei Verwendung einer elektronischen Registrierkasse für eine hinreichende Gewissheit über die Vollständigkeit der in den Z-Bons aufgezeichneten Einnahmen Sorge zu tragen ist. Dies ist nicht gegeben, da Retouren und Stornierungen nicht gesondert ausgewiesen sind.

Der in Revision angerufene BFH bestätigte das Urteil des FG und wies die Klage als unbegründet zurück.

Schätzung von Besteuerungsgrundlagen

Kann der Steuerpflichtige keine Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, vorlegen, so ist die Besteuerungsgrundlage nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen.

Dies gilt insbesondere dann, wenn sowohl die Buchführung als auch die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit, aber auch für die Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen.

Dabei sind auch die umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen gem. § 22 UStG oder die Vorschriften der UStDV zu beachten, da nach der Rechtsprechung des BFH diese auch unmittelbar für das EStG wirken.

Darüber hinaus ist im Hinblick auf die Kassenbuchführung auch die Kassensturzfähigkeit zu beachten. Nach § 146 Abs. 1 Satz 2 AO a.F. sollen Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festgehalten werden. Allerdings bestand keine gesetzliche Vorgabe, wie die Kassen zu führen sind.

Somit konnte der Steuerpflichtige selbst entscheiden, ob er seine Warenverkäufe manuell oder unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel, wie einer elektronischen Registrierkasse, erfasst. Die Kasseneigenschaft bestimmt dabei die Art der Aufzeichnung.

Werden Bareinnahmen mittels einer elektronischen Registrierkasse erfasst, so ist der Ausdruck des täglich erstellten Z-Bons vorzuhalten. Fehlt dieser, so liegt, ebenso wie im Fall des Fehlens täglicher Protokolle über das Auszählen einer offenen Ladenkasse, ein formeller Mangel vor.

Hinzuschätzung von Einnahmen

Eine Hinzuschätzung ist dann zulässig und geboten, wenn aufgrund einer Verletzung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung keine Gewähr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen geboten wird. Aufgrund der fehlenden Stornobuchungen lässt sich nicht mehr feststellen, ob lediglich Fehlbuchungen oder auch Einnahmebuchungen gelöscht worden sind.

Praxishinweis

Grundsätzlich gilt, dass die individuellen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen bei der Schätzungsmethode zu berücksichtigen sind. Der BFH weist in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass er nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht und der Steuerpflichtige grundsätzlich keinen Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode hat.

Weder das FA noch das FG sind deshalb grundsätzlich verpflichtet, ein durch eine Schätzungsmethode gewonnenes Ergebnis, wie durch die Richtsatzschätzung oder durch die Anwendung einer weiteren Schätzungsmethode, zu überprüfen oder zu untermauern. Steuerpflichtige sollten beachten, dass auch schon nach der alten Rechtslage die Kassenführung ohne Lücken nachzuweisen war. Bei einer offenen Ladenkasse sind dies alle täglichen Auszählprotokolle.

BFH, Beschl. v. 08.08.2019 - X B 117/18

Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper